Die Harzüberquerungen

Die Harzüberquerungen
Eine Verpflegungsstation bei der zweiten Harzüberquerung 1974 auf der Strecke von Osterode nach Bad Harzburg. Foto: Ahrens-Archiv/Bad Harzburg-Stiftung

Die Harzüberquerungen

Im Jahr 1973 veranstaltete der Männerturnklub Bad Harzburg (MTK), wie in dieser Zeit üblich, eine Volkssportveranstaltung mit einer relativ kurzen Streckenführung um Bad Harzburg. Der Gastwirt Manfred Kaetz der damaligen Gaststätte „Löwenbräu“ wollte in dem Jahr ein weiteres Lokal in Osterode eröffnen und er kam auf eine gute Werbe-Idee: „Wir wandern von Gasthof zu Gasthof – eine Harzüberquerung“.

5. Harzüberquerung von Walkenried nach Bad Harzburg. Harzüberquerung-Erfinder Manfred Kaetz begrüßt im Ziel Dehoga-Vorsitzenden Arno Heinemann, Schützenvogt Kurt Petermann, Verkehrsvereinsvorsitzenden Heinrich Oberhuber und Herbert Mehl als Vorsitzenden des Einzelhandelsverbandes der Kurstadt.    

Die Kurverwaltung Bad Harzburg übernahm als Werbemaßnahme die Organisation und Verantwortung. Wer am Volkswandertag diese Extratour von rund 42 km von Bad Harzburg nach Osterode erwanderte, sollte bei der Ankunft ein Bier und eine Haxe erhalten. Statt der vom Wirt zu erwarteten etwa 30 Teilnehmer kamen über 300 Wanderer.

Darunter „studienhalber“ auch Horst Woick vom MTK-Vorstand. Es kam, wie es kommen musste, in Osterode zu einem großen Chaos. Allein die Bus-Rückfahrt für rund 300 Personen war an einem Sonntag-Nachmittag nicht zu organisieren. So endete die sportliche Veranstaltung für die Kurverwaltung mit einer guten PR – aber auch mit einem Verlust von 6000 DM.

Die begehrten Erinnerungsmedaillen.

Nach langen Beratungen wurde beschlossenen, diese für Bad Harzburg so werbewirksame Veranstaltung auch 1974 zu wiederholen. Sogar einen eventuellen Verlust sollte die Kurverwaltung übernehmen, erhielt allerdings den klaren Auftrag, besser keine weiteren Verluste zu verursachen.

Aber es kam trotz etwa 800 Teilnehmern anders. Der nächste Verlust betrug 8000 DM und diese im weiten Umland so attraktive Wanderung über den Harz wurde von Seiten der Kurbetriebsgesellschaft und der Stadt eingestellt.

Horst Woick als MTK-Teilnehmer, aber auch als Tiefbauingenieur bei der Stadt Bad Harzburg, sah eine andere Möglichkeit, diese Veranstaltung mit einer guten Organisations- und Finanzierungsform ohne weitere Verluste durchzuführen. Zusammen mit dem damaligen 1. Vorsitzenden Horst Mayburg, der leider zu früh verstarb, konnte er den MTK-Vorstand davon überzeugen, die zukünftigen Harzüberquerungen jetzt in eigener Regie zu organisieren.

Die Motive der Teilnahme- und Erinnerungsmedaillen.

Horst Woick wurde hauptverantwortlicher Organisator der Harzüberquerungen und kurz darauf auch der 1. Vorsitzende des Vereins. Der MTK als Veranstalter wickelt nun die Anmelde- und Durchführungs-Formalitäten selbständig ab.

Die Anmeldegebühr wurde der voraussichtlichen Ausgabenseite mit einem Sicherheitsbonus angeglichen. Freikarten für „Prominente“ wurden grundsätzlich nicht mehr ausgegeben. Der Start, die fünf Kontroll- und Stempelstellen auf der Strecke und der Zielbereich werden vom MTK verantwortlich abgewickelt. Die Streckenbeschilderung wird mit mit Unterstützung des städtischen Bauhofes umgesetzt.

Sttistik der „großen“ Harzüberquerung mit bis zu 5200 Teilnehmern.

Die Teilnehmer erhalten an jeder Kontrollstelle den obligatorischen Stempel auf die Teilnehmerkarte, ein kostenloses Mineralwassergetränk, gesponsert von Bad Harzburger oder Okertaler Mineralbrunnenbetrieb. Ferner gibt es im Ziel eine im Startgeld enthaltene Suppe und vor allem die attraktive und wertvolle Erinnerungs-Medaille in Bronze.

Die Helfer-Mannschaft beim Start zur Probewanderung 1988 in Bad Grund.

Der Transport mit rund 40 Bussen zum Start im Südharz wird zwischen 7 und 9 Uhr durch die Kraftverkehrsgesellschaft (KVG) Bad Harzburg gegen Kosterstattung im Startgeld gewährleistet. Die wichtige Funkbrücke zwischen Start und Ziel wird durch die Freiwilligen Feuerwehren der Stadt Bad Harzburg (damals die einzige funktionierende Möglichkeit) aufrecht gehalten.

Im Gegenzug erhalten die Wehren die Genehmigung, bestimmte Getränke und Essen an den Kontrollstellen mit Gewinn zugunsten der Feuerwehr-Kameradschaftskassen zu verkaufen. Für alle eine sehr gute „win-win“-Situation! Das „Rote Kreuz“ im Kreis Goslar gewährleistet die Hilfe- und Gesundheitsversorgung bei der Veranstaltung.

Schon bei der ersten neuen Harzüberquerung im Jahr 1975 bewährt sich das System und mit 941 Teilnehmern und rd. 250 ehrenamtlichen Helfern wird es eine allgemein gelobte und vor allen Dingen auch eine finanziell erfolgreiche Veranstaltung. Diese besondere Wanderung spricht sich im weiten Einzugsbereich von Bad Harzburg schnell herum und „Die HARZÜBERQUERUNG“ des MTK wird nicht nur für den Verein, sondern auch für den Kurort Bad Harzburg ein voller Erfolg.

Paul Jockisch und Horst Woick bei Prüfung eines Streckenabschnittes

Die sehr ansprechenden Erinnerungsmedaillen mit unterschiedlichen Harzer Motiven kamen bei den Teilnehmern sehr gut an und waren begehrt. Die ständig steigenden Teilnehmerzahlen sprechen für sich. Das Krodobad als Zielort wird zu klein und die Galopprennbahn wird das neue Stadion für die Abschlussveranstaltungen, mit Teilnehmern und vielen Zuschauern.

Im Jahr 1982 wird der Rekord mit 5200 Teilnehmern erreicht. Aber nicht nur dieses, sondern auch die Probleme mit den Forstämtern, den Genehmigungsbehörden und dem Naturschutz allgemein nehmen zu, obwohl die Strecken nach Ende der Veranstaltung so sauber waren, wie nie zuvor! Auch ein großer Erfolg der Kontrollkräfte und Streckenwarte. Die weiteren Teilnehmerzahlen wurden auf maximal 4000 Personen eingestellt.

Dann kam eine neue Situation, die völlig überraschende Öffnung der Grenze zur DDR. Ein neues Wandergebiet mit dem Brocken als „Höhepunkt“ konnte nun erschlossen werden. Die Planung für das Jahr 1990 musste kurzfristig angepasst und schnellstmöglich erneuert werden. Der Brocken war die neue spektakuläre Zwischenstation.

Aber wer war in der damaligen Noch-DDR überhaupt zuständig? Horst Woick, inzwischen auch Kurdirektor von Bad Harzburg, hatte guten Kontakt zum neuen Kreisdirektor Dr. Michael Ermrich in Wernigerode (später Präsident des Gesamt-Harzklubs), und der befürwortete die neue Route über den Brocken.

Das sah die noch im Amt befindliche DDR-Regierung allerdings ganz anders. Am Tag der Veranstaltung kam aus Berlin das Verbot der Brockenbesteigung. Na ja, das hat sich dann von allein überholt. Die Harzüberquerung über den Brocken war auch Dank der beteiligten NVA (Nationale Volksarmee) ein voller Erfolg und die DDR-Regierung in Berlin war schnell Geschichte!

Aber die neue Landesregierung in Magdeburg war weiter dagegen und im Land Niedersachsen wurden die Widerstände und damit auch der Verwaltungsaufwand des MTK immer größer. Es war alles nicht mehr zeitgemäß.

Horst Woick hatte in seiner Funktion als Kurdirektor nach der Wende sehr viele neue Aufgaben und schied deshalb aus der weiteren Organisation von Harzüberquerungen aus. Der neue 1. Vorsitzende des MTK, Manfred Mattheis  versuchte mit „Kalle“ Krückert noch eine weitere Harzüberquerung, aber die Einsicht siegte, dass die Mühen der Vorbereitung und der Genehmigungen zu viel des Guten sind. So verzichtete der MTK auf die Weiterführung der beliebten Harzüberquerungen.

Im Jahr 1982 reichte selbst die Galopprennbahn kaum noch aus, um die Harzüberquerer nach der Tour aufzunehmen. Rund 5200 Teilnehmer wurden seinerzeit gezählt.

Horst Woick ging in den Ruhestand, wurde aber ehrenamtlicher Wanderführer der neuen „Kurverwaltung“ (Kur-, Tourismus- und Wirtschaftsbetriebe der Stadt Bad Harzburg – KTW) und Waldführer im Nationalpark HARZ.   Was lag nun also näher als die Harzüberquerungen mit einer neuen Organisation als Kurgastwanderung wieder aufleben zu lassen.

Jeweils mit einem Bus voller Wanderer und mit allen Forstverwaltungen streckenmäßig abgestimmt, wurde der gesamte Harz fächerförmig von den Südharzorten mit Harzüberquerungen überdeckt und nach Bad Harzburg erwandert. Nach vielen weiteren Harzüberquerungen musste Horst Woick seinem fortgeschrittenen Alter Tribut zollen und fand einen Nachfolger, damit die beliebten Harzüberquerungen auch zukünftig weitergeführt werden können.

Abschließend kann festgestellt werden, dass die vielen Harzüberquerungen durch den MTK finanziell immer mit einer sehr schwarzen Null endeten und für unseren MTK sportlich wie organisatorisch ein voller Erfolg waren. An dieser Stelle ist allen, die daran ehrenamtlich und egal in welcher Funktion beteiligt waren, sehr, sehr herzlich zu danken.

Es war eine eingeschworene Gemeinschaft, in der alle Beteiligten jeweils auf ihren mit Leidenschaft besetzten Posten das Bestmögliche getan haben. Es waren häufig schwer zu meisternde Situationen, aber am Schluss hat immer alles bestens geklappt.   Unvergessen sind die vielen Probewanderungen, die vor der Veranstaltung für die „Kontroller“ und Behördenvertreter zusätzlich veranstaltet wurden.

Teilnehmer-Statistik der geführten Harzüberquerungen von 1996 an.

Ob man heute noch so eine Großveranstaltung über so eine lange Strecke durchführen könnte, ist zweifelhaft. Es war damals ein Gemeinschaftswerk, wie es besser nicht hätte funktionieren können. Zur Ertüchtigung der Sportlichen und für Naturfreunde die den Harz in seiner Vielfalt kennlernen wollten.

Zur Förderung der Kameradschaft unter den Helfern und Organisatoren. Es war eine große Freude und Ehre für die Mitglieder des MTK, etwas Besonderes für die Allgemeinheit geschafft zu haben und letztlich damit für den gesamten Harz mit seinen verschiedenen touristischen Orten vom Start bis zum Ziel und vor allem den Gästen und Bewohnern gesamten Stadt Bad Harzburg!   

Horst Woick   2018


Für alle, die vielleicht mit dem Gedanken spielen, eine der historischen Harzüberquerung-Strecken zu erwandern, kramen wir in den Archiven der Bad Harzburg-Stiftung nach den Original-Unterlagen. Die Sammlung wird nach jedem Fund ergänzt. Ein Klick auf ein Bild öffnet die Galerie.

Ein Bergschüler „zu Gast“ im Heilbad

Ein Bergschüler „zu Gast“ im Heilbad
Das Eisenerz-Bergwerk Friedrike mit den Übertage-Anlagen um 1960, Im Vordergrund die Abraum-Halde (heute Wildgehege) und das Bergschadensgebiet, heute Golfplatz.

Ein Bergschüler „zu Gast“ im Heilbad

Horst Woick bei der Arbeit in der Grube Friederike.

Im Jahr 1956 war es soweit. Der Schulabschluss war geschafft und es sollte eine solide Ausbildung für eine lebenslange und gutdotierte Arbeitsaufgabe folgen. Aber wie, wenn der Vater durch viele Auslandsaufenthalte ohne Rentenansprüche früh verstorben ist und die Mutter kein Einkommen hat? Nur der Bergbau bot in dieser Zeit bei gutem Lohn eine kostenlose Ausbildung.

Trotz harter Arbeit eine lukrative Gelegenheit! Drei Jahre Bergbau-Praktikum und der Hauerschein mit Schießberechtigung waren die Voraussetzung für den zukünftigen Besuch einer deutschen Bergschule (Privatschulen der Deutschen Bergbau-Gesellschaften). Der Hauerschein und die Empfehlung des Bergbaubetriebes lagen vor und eine Bewerbung an die Berg- und Hüttenschule in Clausthal konnte erfolgen.

Dafür war aber dann erst einmal die Bergvorschule in Obernkirchen mit ihren täglichen, dualen Arbeits- und Schul-Einsätzen als versteckte Eignungs- und Belastbarkeitsprüfung zu besuchen.  Die endgültige Aufnahme in die Bergschule konnte man nur nach monatlichen positiven Eintragungen des Bergwerk-Betriebsführers im Pflicht-Tagebuch und einer Aufnahmeprüfung zu schaffen.

Hat man diese Hürden absolviert, dann wurde der zukünftige Bergschüler in Clausthal an der Bergschule eingeschrieben. Die duale Ausbildung geht weiter, einen Tag Bergwerksarbeit, am nächsten Tag Schulunterricht in Clausthal. Die erste Freude legte sich schnell, wenn man erfährt, dass der Einsatz in einem Bergwerk im Harzvorland und in diesem Fall auf der Grube Fortuna in Liebenburg im Harzvorland erfolgen soll.

Jeden zweiten Tag, einschließlich dem Samstag, Arbeit im Bergwerk bzw. in die Bergschule mit dem Bus in den Oberharz, und am Wochenende möchte man die entgegengesetzte Bahnfahrt zum Heimatort durchführen. Schnell lernt man als nicht ortsansässiger Bergschüler gegenüber dem Betriebsführer und Steigern den gravierenden Unterschied zu den einheimischen Bergschülern und dabei auch Fußballspielern im Ortsverein kennen. Die mussten ja am Wochenende für Liebenburg Fußball spielen!

Seigeriss des Erzbergwerks Friederike um 1900 mit Erzlagerstätten und mit Bergschäden an der Oberfläche von Bad Harzburg.

Auch der Unterschied von zu bezahlenden Ammongelit zur Beschaffung des kostenlosen Donarit ist für die ortsfremden Bergschüler im aufzufahrenden „ Örtchen“ und die gezielten Arbeitseinsätze am Sonnabendnachmittag  (Fortfall der Heimfahrt) sehr fraglich. Da kommt ein Aushang am schwarzen Brett in der Bergschule recht. Das Erzbergwerk Friederike in Bad Harzburg sucht Bergschüler als Hauer mit Schießgenehmigung zu einem beachtlichen Schichtlohn. Eine Probefahrt mit dem Motorrad zeigt hinter Oker ein wunderschönes Panorama auf die Harzer Berge und Bad Harzburg. Hier kann man das sicher gut aushalten. 

Der Bergingenieur Wilhelm Castendyck (Bergschüler der Bergschule Siegen) entdeckt um 1858 die sedimentäre, vorwiegend oolithische Eisenerzlagerstätte (Jura – Lias) in der Gemeinde Bündheim im „Amt Harzburg“, dem heutigen Bad Harzburg. Mit dem Bremer Konsul H.H. Meier vom Norddeutschen Lloyd entwickelt er den Abbau und die Verhüttung dieser Erzlagerstätte.

Das Erzbergwerk Friederike wurde dann zusammen mit der Grube Hansa und der dazu gehörenden Mathildenhütte um 1861 in Betrieb genommen. Die Lagerstätte bildet sich aus ca. acht einzelnen Lagen, wovon nur drei bis vier abbauwürdig sind. Das macht die Gewinnung des Erzes durch Scheibenbruchbau mit Tonauffüllung im alten Mann sehr schwierig.  Viele Fossilien, insbesondere große Ammoniten, sind im Erzkörper sehr auffällig.

Ladearbeit geschah vor Ort in der Regel allein, nur zur Fotoaufnahme einmal drei Bergleute zusammen: Hauer (Ortsältester) – Lehrhauer – Knappe.

Die Vorstellung beim Betriebsführer „Karlchen“ Ecke, einem ehemaligen, rauen Bergschüler der Bergschule Eisleben mit vielen Ecken und Kanten, verläuft „von Mann zu Mann“ noch recht friedlich.  Ohne lange zu zögern, erfolgt die Einteilung über den Schichtsteiger zu einem Ortsältesten mit einem der unterschiedlichen Abbaue.

Gleich die Probe aufs Exempel, Ladearbeit allein in der Abbaukammer, Firste festmachen und Erz laden und kippen. Zugleich die Vorgabe, mindestens 23 „Teckel“, eine feine Umschreibung des speziellen Förderwagens mit Kippklappe im Abbau, und diese Leistung pro Schicht.

Am Schluss einige Löcher bohren, zusammen mit dem Ortsältesten mit Donarit laden. Alle Schüsse im Abbau fallen dann am Schichtende gemeinsam.

Jeder Abbau hat zwischen vier und sechs Kumpel – Hauer, Lehrhauer und Bergarbeiter. Diese arbeiten je einzeln in drei bis vier Abbaukammern und ein bis zwei Streckenvortrieben. Das heißt, jeder Kumpel ist in seinem Arbeitsbereich allein auf sich gestellt. Das gemeinsame Gedinge (Akkord) betrifft den ganzen Abbau und es gibt für Streckenvortrieb, Ausbau bzw. Abbau extra, sowie der Ladetätigkeit des Eisenerzes pro Wagen 1,00 DM zu verdienen.

Der Hauer Horst Woick beim Einführen des Donarit-Sprengstoffes mit Zünder und Zündschnur.

Einige Arbeiten, wie zum Beispiel das lebensnotwendige Berauben und Festmachen der Firste (Decke) werden nicht bezahlt. Der Sprengstoff-Einkauf wird vom Gedinge abgezogen. Das am Monatsende gemeinsam verdiente Geld wird nach einem Verteilschlüssel unter den im Abbau beteiligten Kumpel aufgeteilt. Der Hauer mehr und der einfache Bergmann weniger.

Bei ca. 23 Teckel bekommt der Hauer etwa 18 bis 20 DM Schichtlohn, aber durch verschiedene Einflüsse von Abbau zu Abbau ein unterschiedliches Gedinge. Bei strengen, arbeitssamen Ortsältesten müssen es mindesten 28 Teckel sein, der Schichtlohn war dann aber auch um die 23 DM/Schicht.

Diese Ortältesten nahmen aber nicht jeden Bergmann oder Bergschüler mit. Wer keine 30 Teckel bringt, den bekommt der Schichtsteiger für andere Zwecke zurück. Zugleich erhält der Bergschüler eine schlechtere Note im Bergschul-Tagebuch!

Da das Berauben der durch die Sprengungen gelockerten Firste, oft mit einer Öffnung zum „Alten Mann“, (unkontrollierte natürliche Tonverfüllung des durch den Erzabbau entstandenen Hohlraum) nicht bezahlt wurde, war der Effekt deshalb nur oberflächlich und letztlich immer sehr gefährlich. So musste man ständig das Hangende und den gefährlichen „Alten Mann“ im Auge behalten. Man sieht, harte Arbeit, guter Lohn, allerdings ständige Gefahr von oben. Bei dem Leistungsdruck nicht für jederman geeignet.

Aber Bad Harzburg wäre nicht Bad Harzburg, wenn es da nicht auch eine besondere, gute Seite gegenüber anderen Bergbau-Orten geben würde. Hotels, Pensionen, Kureinrichtungen, Tanzlokale, Gaststätten, Lehranstalten, Kneipen und Bars an vielen Stellen. Dazu nette Mädchen von Einheimischen, Kurgäste, von der Logesschule mit angehenden Gymnastiklehrerinnen und der Nitsch-Schule für Übersetzerinnen und anderen Ausbildungszweige.  Da war also echt was los, für jeden Geschmack das Richtige.

Was Untertage zu kurz kam, konnte Übertage je nach Bedarf nachgeholt werden. So sah also der Tagesplan eines Bergschülers damals aus: Morgens Bergarbeit oder Bergschule, allerdings mit unterschiedlichen Abschlusszeiten. Im Prinzip aber doch am Spätnachmittag Abonnementessen in der Härkestube, dann auf ein weiteres Bier zum Rebstock oder, oder.

Das Erzbergwerk Friederike im Amt Harzburg um 1870 mit Belegschaft.

Wenn es dann langsam dunkel wurde, auf ins Cafe Raeck, ein bekanntes Tanzlokal für Jung und Alt. So manches Paar hat sich dort fürs ganze Leben gefunden, dann war aber Schluss mit dem freien Bergschülerleben. Nach all dem ging es noch auf einen Absacker in die Lilliputbar.

Nach einer Spätschicht ging es allerdings noch gegen 23 Uhr in die Ponydiele, wo fast nur Bergleute bis in die tiefe Nacht Bier und Schnaps zu Genüge tranken. Die Bergleute konnten ja ausschlafen, die Bergschüler ohne Schlaf zuerst zu einem gemeinsamen Frühstück bei den Ibbenbürer-Bergschülern in die Bäckerei Dietrich mit frischen Brötchen und ihrem mitgebrachten Hausgeschlachteten.

Dann gleich weiter mit dem schuleigenen Bus zur Bergschule. Das war dann nicht unbedingt die beste Grundlage für einen guten Schultag, denn am Abend ging alles wieder von vorn los. Also „Gute Nacht“ bei jeder Gelegenheit…

Da bis 1957 noch die Engländer als Besatzungsmacht und deren Erholungssuchende in ihrem „Leave Center“ in Bad Harzburg waren, ergab sich auch so manche spätabendliche Begegnung. So ging es mir, nach der Bergschule im Bergmanns-Kittel, beim Tagesabschluss in der Lilliputbar. Ich war an dem Abend dort der einzige Bergschüler. Fast nur Engländer in ihren Khaki-Uniformen.

Kaum stand mein erstes Bier auf dem Tresen, kamen die „Tommys“ und hauten mir auf die Schulter: „Du SS“ – Schlägel und Eisen auf dem schwarzen Bergmanns-Kittel war für Briten eine klare Sache. Schon ging die Prügelei los. Einer gegen alle!

Nur die Tommys hatten die Rechnung ohne den Wirt gemacht. Der Mann hinter der Theke war der Geliebte der Bardame und einer meiner Kumpel im Bergwerk, Spitzname „Paller König“, ein Kraftprotz, wie aus dem Bilderbuch. Ratzfatz, einige Engländer flogen der Reihe nach aus der Kneipe und es war Ruhe.

Nach Polterabend und kirchlicher Trauung in Bergmannskittel wurde in der Scheune mit den Harzburgern und vor allem mit den Bergschülern kräftig gefeiert!

Das man auf dem Bahnsteig des Bad Harzburger Bahnhofes von den Kurgästen als Eisenbahner angesprochen und um Auskunft gebeten wurde, war schon beinahe normal. Ich hatte zwischenzeitlich die nette und hilfsbereite Harzburgerin Helga beim Tanz im Cafe Raeck kennengelernt.

Mit ihrer herzlichen Familie mit weiteren Töchtern und Landwirtschaft als Nebentätigkeit konnte man es gut ertragen. Jährliche Schlachtefeste und eigener Gemüse- und Kartoffelanbau sorgten für eine bis dahin nicht gekannte Kalorien-Zufuhr.

Kein Wunder, es endete mit einer urigen, bergmännischen Hochzeitsfeier in der Scheune. Der trauende Pfarrer kannte auch die bergmännischen Gefahren und verwendete den Trauspruch: „Wenn der Horst täglich ins tiefe, schwarze Loch einfahren muss, soll sich Helga mit Gottvertrauen und Glück auf alles andere verlassen – Glückauf!“

Ich lag von nun an „an der Kette“ und holte nach dem Bergschulbesuch im Kittel meine Frau jeden Nachmittag von der Arbeit im Rathaus ab. Die Mitarbeiter hingen an den Fenstern, um diese Neuigkeit zu sehen.

Bad Harzburg hat aber auch ein bekanntes Gestüt mit guten Deckhengsten und uniformierte Pferdepfleger.  So kam es, wie es kommen musste. Als Gespött ihrer Kollegen wurde ich wegen der ähnlichen Uniform zum „Celler Deckhengstpfleger“ ernannt, der angeblich auf dem Bad Harzburger Vollgestüt arbeitet.  Das war zu viel, den Bergschüler-Kittel habe ich deshalb dann im Stadtgebiet tunlichst zu Hause gelassen.

Das Bergwerksgelände heute, die Übertage-Anlagen sind ein Auto-Zulieferbetrieb, das Bergschadens-Gelände in der größten Senke ein Wildgehege mit einem Teich und Wanderwegen, dazu wegen der Höhenunterschiede ein anspruchsvoller 18-Loch-Golfplatz. Im Hintergrund die Kurbereich mit Hotels, Pensionen und Kliniken, der Großkabinen-Bergseilbahn und dem Thermal-Solebad.

Das Studium wurde 1959 als Steiger und späterer Bergbauingenieur beendet. Das Erz-Bergwerk Friederike stellte 1963 den Förderbetrieb ein. Eine über 100-jährige Bergbau-Geschichte in Bad Harzburg wurde damit beendet. Das Industrie-Gelände inmitten einer reinen Wohnsiedlung wurde für nachfolgende Betriebe ausgeschrieben.

Aber Bad Harzburg ließ mich nicht mehr los. Nach kurzer Zeit als Steiger auf dem Kalibergwerk Hansa in Empelde/Hannover wurde in der Kurstadt ein Tiefbau-Ingenieur für die Stadtverwaltung gesucht. Der damalige Stadtdirektor stellte bei der Auswahl und Einstellung kurz und bündig fest: „Tiefer als jemand, der Bad Harzburg auch als Bergmann von Untertage aus so gut kennt, muss danach auch ein guter Tiefbauingenieur sein“.

Also wurde aus dem früheren Clausthaler Bergschüler und Steiger bzw. Bergingenieur dann erst einmal für 20 Jahre ein städtischer Tiefbau-Ingenieur in Bad Harzburg. Dass dieser danach später auch noch für weitere viele Jahre der Kurdirektor und vieles andere mehr davon in diesem schönen Kurort wurde, ist eine ganz andere Geschichte.

Horst Woick 2019

Der Bußgang nach Canossa

Das Eingangs-Relief an der historischen Burgruine CANOSSA: Papst Gregor VII. erteilt 1077 dem König HEINRICH IV. die Absolution.

Der Buß-Gang nach CANOSSA

Vorbemerkung: Der besondere Streit im Jahr 1077 zwischen der katholischen Kirche mit Papst GREGOR VII. als Nachfolger von Petrus auf der einen Seite und dem von Gott gewählten König (ab 1084 Kaiser) HEINRICH IV. auf der anderen Seite sowie die besondere Abbitte des späteren Kaisers gegenüber der Kirche steht bis heute sinnbildlich für eine oft unmögliche Lösung eines besonderen Streites. Letztlich verdeutlicht dies der Ausspruch des Reichskanzlers Otto v. Bismarck zu einem ähnlich gelagerten Streitfall: „Nach CANOSSA gehen wir nicht!“ in einer Sitzung des Reichstages im Jahr 1872 in Berlin. Beide Streitfälle haben einen Bezug zum heutigen Bad Harzburg – Die HARZBURG von HEINRICH IV. und der CANOSSA-Obelisk (Bismarcksäule) auf dem Großen Burgberg in Bad Harzburg.

Viele Wissenschaftler haben sich der Thematik und des besonderen Problems dieser Streitfälle angenommen. Letztlich bleibt dabei bis heute die große Frage, wer war der Gewinner des  historischen Investitur-Streits?

Den bisherigen wissenschaftlichen Deutungen der Hintergründe möchte ich mich hiermit nicht anschließen, stattdessen möchte ich „nur“ die besonderen Hintergründe beider Streitfälle aus Bad Harzburger Sicht beleuchten und damit die Vorgänge über die Region „Tuszien/Canossa“ (Italien) besonders auf die Region Goslar ausdehnen.  Der Bußgang König HEINRICH IV. begann 1076 auf Umwegen von der Kaiserstadt Goslar und dann als ernsthafter „Schachzug“ über Tribur, Worms, Speyer, Besancon, Genf, Monte Cenis / Susa, durch die Po-Ebene nach Parma und damit in die „Regio Emilia“, dem Herrschaftsbereich der Markgräfin Mathilde von Tuszien.

1047 – Kaiser Heinrich III.bei Rückkehr zu Pferde aus Italien, dabei in der Sänfte der damalige Papst Victor II. und in schwarzer Kutte der Mönch Hildebrand (der späterer Papst Gregor VII.).

Zur Entstehung und späteren Lösung dieses Streitfalles waren vier wesentliche Hauptfiguren, der salische König HEINRICH IV (geb. 1050 in Goslar – gest. 1106 Lüttich), der Papst GREGOR VII (um 1025 / 30  Sovana / Toskana – 1085 Salerno) und die Markgräfin Mathilde von Tuszien (1046 Lucca – 1115 Bondeno di Roncore). Ferner der Abt Hugo von Cluny, als beidseitig anerkannter Vermittler. Vor und während der weiten Anreise beider Parteien, zwar räumlich stark voneinander getrennt, waren sie aber alle (kaum vorstellbar) doch seit Jahrzehnten durch viele Begegnungen, unter anderem am Hof der salischen Kaiser in Goslar, persönlich sehr gut bekannt.

Die Vorgeschichte: Die salischen Kaiser und Könige hatten sich bei ihrer „Regierung aus dem Sattel“ seit Kaiser HEINRICH II. (973 Bad Abbach – 1024 Göttingen) die Region Goslar immer wieder als einen beliebten Aufenthaltsort auserwählt. Kaiser HEINRICH III. (1016 oder 1017? – 1056 Bodfeld/Harz)  feierte alljährlich mit der Familie und Anhang das Weihnachtsfest in Goslar. Häufig dabei der Abt Hugo von Cluny (1024 Semur-en-Brionais – 1109 Cluny) und ein ganz besonderer Mönch mit Namen HILDEBRAND (um 1025/30  Sovana – 1085 Salerno).

Beim Vergleich der Geburtsdaten ist bemerkenswert, dass alle auf den gleichen Zeitraum des 11. Jahrhunderts fallen, aber die Geburtsorte auf das heutige Deutschland, Italien und Frankreich verteilt sind. Selbst aus heutiger Sicht ist es fast unverständlich, dass diese Personen dann in dieser Zeit mit so großen Entfernungen immer wieder so eng zusammenkommen und die Geschichte des „Heiligen römischen Reiche deutscher Nationen“ gestalten können.

Beginnen wir jetzt mit der Geburt des späteren Königs und Kaisers HEINRICH IV. Er wird am 11. November 1050 als Sohn vom Kaiser HEINRICH III. in Goslar geboren. So wächst er am Hofe zusammen mit gleichaltrigen Kindern und unter zeitweiliger Obhut von Herzog OTTO von Northeim (1020 Northeim – 1083?) auf.

Zur gleichen Zeit befindet sich die spätere Markgräfin Mathilde von Tuszien/Italien als kleines Mädchen, zugleich als Cousine von Heinrich; zusammen mit ihrer Mutter im Gefolge von Heinrich III in Gefangenschaft. Sie sind zwar als Geißel am Hofe, aber können sich im Gefolge des Kaisers frei bewegen und so am gesellschaftlichen Leben teilnehmen. Mathilde ist vier Jahre älter als Heinrich. So werden sie enge Spielkameraden und es wird für beide an eine spätere, politisch wertvolle Kinderhochzeit gedacht. Der etwa 20 Jahre ältere Mönch Hildebrand, gleichfalls als älterer Begleiter des Kaisers, ist häufig über die wilden Spielereien der Kinder verärgert, was er auch in seinen wertvollen Niederschriften zum Ausdruck bringt.

Kaiser HEINRICH III. und Kaiserin Agnes von Poitou an der Wiege des Neugeborenen HEINRICH IV. in der Kaiserpfalz Goslar.

Bereits 1053 wird HEINRICH IV, wie im Mittelalter schon üblich, im Alter von 3 Jahren zum Nachfolger seines Vaters gewählt. Im Jahr 1056 ist der Kaiser HEINRICH III. wieder einmal in Goslar und richtet eine mehrtägige Jagd bei Bodfeld im Ostharz aus. Der Überlieferung zufolge erleidet er eine Lebensmittelvergiftung und stirbt dadurch am 5. Oktober in seinem Jagdhaus.

Damit ist plötzlich der fast sechsjährige HEINRICH der rechtmäßige Nachfolger seines Vaters und wird römisch-deutscher König. Damit verändern sich auch Gepflogenheiten am Hofe und Mathilde reist mit ihrer Mutter frei nach Tuszien in ihrer Heimat in Italien zurück.

Noch auf dem Sterbebett setzt HEINRICH III. seine Ehefrau und Kaiserin zur Regentin für den unmündigen HEINRICH IV. ein. Durch ihre Unfähigkeit zieht sie sich aber schnell die Unzufriedenheit der Fürsten zu und verliert an Macht.

So kommt es im April 1062 während eines Aufenthaltes im Bereich Worms zu einer geplanten Entführung durch den Erzbischof von Köln, der den Jungen zu einer Bootsfahrt auf dem Rhein eingeladen hatte. Der kann zwar in voller Bekleidung in den reißenden Fluss springen, wird aber durch seine Häscher wieder in das Boot gezogen.

Heinrich IV. befindet sich nun in der Gewalt des Kölner Erzbischofs und seine Mutter Agnes entzieht sich durch Flucht und flieht nach Rom zur Papst Alexander II in Italien. Wieder ändern sich die Machtverhältnisse im Reich und Erzbischof Albert von Bremen und Hamburg übernimmt ab 1064 die Regentschaft.

Im Jahr 1066 wird Heinrich volljährig und übernimmt nun als König mit einer Fülle von Beratern und Freunden die Regierung des „Heiligen Römischen Reiches Deutsche Nationen“. In diese Zeit fällt auch die Erbauung der Harzer Burgen, insbesondere seiner Lieblingsburg, der HARZBURG (1065 – 1068). In der nachfolgenden Zeit wenden sich auch die Machtverhältnisse im Bereich der Fürstentümer in Sachsen und sein bisheriger Förderer, Fürst Otto von Northeim wird sein größter Widersacher. Der Höhepunkt wird mit dem Sachsenaufstand erreicht und Heinrich IV. muss im August 1073 nach mehrmonatiger Belagerung von der HARZBURG fliehen.

Der zwölfjährige Heinrich IV. versucht durch den Sprung in den Rhein zu fliehen. Er wird aber von den Häschern des Erzbischofs von Köln entführt.

Im Vertragsfrieden zu Gerstungen kann er im Februar 1074 zwar die Machtfülle seines Vaters zurückgewinnen, aber weitere Herrschaftsfehler bringen ihn nun an den Rand des Unterganges. Im Jahr 1073 wird der dem König Heinrich IV. gut bekannte frühere Mönch Hildebrand zum Papst GROGOR VII. gewählt. Damit ergab sich ein neues Streitfeld.

Es kommt nach verschiedenen Auseinandersetzungen zwischen den Mächten der Regenten und der Kirche zum Investitur-Streit. Wer ist stärker, der von Gott (und dem Papst) gewählte König und Kaiser, oder der vom Kaiser ernannte Papst?

Heinrich IV. setzt im Januar 1076 Papst Gregor VII. ab, im Februar 1076 setzt daraufhin Papst Gregor VII. seinerseits König Heinrich IV. ab und belegt ihn mit dem Kirchenbann.  Was ist nun zu tun? Jeder der beiden Streithähne hat schon einen Nachfolger parat.  Heinrich IV. kann nur versuchen, den Papst militärisch festzusetzen. Aber der sitzt in Rom und hat bereits zum Frühjahr 1077 die Wahl eines neuen Königs mit den Fürsten vereinbart. Beide Parteien kommen zum gleichen Entschluss, wer zuerst seine Entscheidung zum Erfolg führt, der hat wohl gewonnen. Gesagt, getan.

Heinrich IV. entschließt sich Ende 1076 mit einer kleinen Streitmacht gegen Rom zu ziehen und den Papst gefangen zu nehmen. Gregor VII. bereitet die Wahl des neuen Königs vor und begibt sich mit Gefolge auf den Weg nach Süddeutschland, wo die Fürsten sich im April 1077 in Augsburg zur Wahl des neuen Königs treffen wollten. Damit waren beide Parteien unterwegs.

Heinrich IV. zieht über Tribur und Speyer zuerst nach Besancon im Burgund. Dort wird er vom verwandtschaftlich bezogenen Herzog Wilhelm I. und Gattin herzlich empfangen. In Besancon wird das Weihnachtsfest 1076 kurz gefeiert und die Weiterreise über die verschneiten Alpen besprochen.

Alle Alpenpässe sind von den dortigen Fürsten für den abgesetzten König gesperrt, nur der Pass am „Monte Cenis“ befindet sich im Wirkungsbereich des Herzogtum Burgund. Die Erlaubnis war für Heinrich IV. aber nur gegen andere Zugeständnisse zu erhalten. Es wird zudem vor den winterlichen Verhältnissen in den Alpen sehr gewarnt.

Der Tross zieht über Genf weiter an den Monte Cenis. Ortskundige Führer begleiten die Gruppe unter unsäglichen Gefahren und Unfällen über den Gebirgspass. Sie erreichen trotz vieler Verluste die Stadt Susa auf der Südseite des Gebirges. Dieser Engpass ist nun geschafft und es geht weiter nach Turin, wo König Heinrichs Gattin Berta von Turin und jetzige Königin von Geburt zu Hause ist. Päpstliche und königliche Kuriere befördern unterschiedliche Botschaften hin und her. So ist jede Seite fast immer gut informiert.

Durch die Po-Ebene mit den Städten Pavia und Placenza wird die Heimat von König Heinrichs Jugendfreundin Mathilde von Tuszien bei Parma im Januar 1077 erreicht. Papst Gregor VII. (zur Erinnerung: ehemals Mönch Hildebrand) erreicht als erster die Reggio Emilia mit dem Sitz der Gräfin Mathilde in Mantua. Den Beiden wird jetzt ein sehr enges, freundschaftliches Verhältnis nachgesagt.

Mathilde bietet dem Papst ihre uneinnehmbare Burg CANOSSA als Quartier an. Kurze Zeit später erreicht König Heinrich IV. seine ehemalige Freundin und jetzige Gräfin Mathilde von Tuszien. Sie übergibt Heinrich ihr Schloss BIANELLO als Standquartier in einer Entfernung von rund 10 Kilometern und damit in fast unmittelbarer Nähe zu CANOSSA.

Zwei historische Bilder von dem in Buße wartenden König Heinrich IV., drei Tage in Schnee und Eis vor dem Eingangstor der Burg Canossa.

Nun sind alle Drei nach vielen Jahren wieder in nächster Nähe zusammen. Dazu viele Berater aus den gemeinsamen Zeiten in Deutschland und vor allem dem Harz. Eine wesentliche Rolle als Vermittler übernimmt denn auch für alle Drei der aus alten Zeiten bekannten Abt Hugo von Cluny.

Machen wir es jetzt kurz: König Heinrich befindet sich im wundervollen Schloss Bianello, der Papst auf der wohl in winterlichen Zeiten kühlen Burg Canossa. In den umgebenden Bergen und Tälern liegt tiefer Schnee bei eisiger Kälte. Der von der Kirche verbannte König muss sich dem Ritual unterwerfen, drei Tage an dem Tor der Burg Canossa um Einlass und Wiederaufnahme in die Kirche zu bitten.

Unvorstellbar, dass jemand diesen Einsatz unter diesen Voraussetzungen aushalten kann. Nach Ablauf der Frist muss der Papst den König Ablass erteilen und ihn wieder im Kreis der Kirche mit seiner Königswürde anerkennen. Wenn man die Landschaft und den strengen Winter 1077 berücksichtigt, kann man kaum davon ausgehen, dass Heinrich IV. es dort drei Tagen mehr oder wenig ohne Schutzbedachung vor dem Tor der Burg Canossa ausgehalten hat.

Wenn man die Strecke, wie wir selbst, einmal  abgewandert ist, dann liegt die Vermutung nahe, dass er die Zeit wohlbehütet im Schloss Bianello verbracht hat, aber jeden Tag von dort zur Burg Canossa geritten ist. Dort hat er an das Tor geklopft und dem Ritual nach um Einlass gebeten. Zweimal ohne Erfolg, am dritten Tag erfolgte der päpstliche Ablass. Man denkt, es ist nun vollbracht, aber der Streit ging später weiter, aber da dann unsere Region GOSLAR keine Rolle mehr spielt, endet für uns hiermit der „Gang nach CANOSSA“! 

Der Förderverein startet nach Canossa

Die Bad Harzburger Canossa-Erkundungsgruppe überquert auf einem Pfad und zu Fuß den Monte Cenis.

Nun hat aber das heutige Bad Harzburg als einziger Ort auf der ganzen weiten Welt dem historischen Standort der HARZBURG einen CANOSSA-Obelisken. Dazu einen „Förderverein Historischer Burgberg“, der sich dieser Ausnahme-Situation bewusst ist. Also wurde im Jahr 2008 beschlossen, wir fahren mit dem Bus nach Canossa.

Zuerst erkunden der 1. Vorsitzende Dr. Georg Faust und Geschäftsführer Horst Woick in einer Dreitagefahrt mit dem PKW die möglichen Standorte. Dann gingen 40 Mitglieder auf die Reise. Auf der historischen Route 1076 vom König HEINRICH IV. wurden die einzelnen Standorte erreicht und teilweise zu Fuß erwandert. So auch die Burganlage in Besancon. Ein Aufstieg verschafft allen einen guten Ausblick auf die weitläufige Stadt.

Weiter ging die Busfahrt zum Genfer-See und von dort durch die alpine Südschweiz zur Schweizer Grenze mit Italien. Der abenteuerliche Aufstieg zum Monte Cenis kann begonnen werden. Allerdings sind jetzt die Jahreszeit und Wege-Verhältnisse völlig anders und vor allem harmloser als vor fast 950 Jahren. Der damals völlig zugeschneite Alpenpass musste inzwischen einem Stausee weichen und der historische Pfad wurde als Weg über das Bergmassiv verlegt.     

Damit hatte der Harzer Reisegruppe den Abschluss der Canossa-Fahrt erreicht. Viele kennen den Sinn und Bedeutung des Ausdrucks „Der Gang nach CANOSSA“, aber kaum jemand kennt den Ort und die wahren Hintergründe dieses historischen Ereignisses. Danach erfolgte die Rückreise, vorbei am Bodensee nach Bad Harzburg. Zurück zum CANOSSA-Obelisk auf der HARZBURG, die seinerzeit von König Heinrich IV. als eine der ersten Höhenburgen errichtet wurde.

Der Canossa-Obelisk

Im Jahr 1872 hatte der damalige Reichskanzler Otto von Bismarck einen ähnlichen Streit mit der katholischen Kirche und damit auch dem Papst. Er brauchte als evangelischer Christ keinen Bußgang und beendete den Streit im Berliner Reichstag mit den kurzen Worten: „Nach Canossa gehen wir nicht!“. Es gibt in Deutschland viele Bismarck-Türme oder Denkmäler, aber nur einen Bismarck-Obelisk, der so mit den Bezug zum „Gang nach Canossa“ mit seinen markigen Worten erinnert. Daher muss diese Bismarck-Säule in Wort und baulicher Gestaltung eigentlich „Canossa-Obelisk“ heißen.

Die wohlhabenen Bürger der damaligen Stadt „Neustadt unter der HARZBURG“ spendeten für diesen Obelisken, der dann im Jahr 1877  aus Eckertaler Granit errichtet wurde. Es gab darüber aber auch großen Unmut bei den katholischen Bürgern im damaligen „Amt Harzburg“. Aber auch dieser Streit konnte auf ähnliche Weise beendet werden. Im heutigen Ortsteil Bündheim wurde eine katholischen Kirche mit Namen „Gregor VII“ geweiht. So wurde auch dieser „Gang nach Canossa“ beigelegt.

Heute gehen unsere Gedanken über solche Fragen hinaus. Wir leben im geeinten Europa und feiern gemeinsam jährlich einen Europa-Tag. Aus diesem Anlaß hat der 1. Vorsitzende Dirk Junicke seine Mitglieder und Sponsoren vom Förderverein Historischer Burgberg  zur Feier des Europa-Tages 2021 in Erinnerung an einen „Gang nach Canossa“ zum CANOSSA-Obelisk geladen.

Am Schluss verbleibt, wie immer die Frage, wer hat denn nun bei allen Auseinandersetzungen gewonnen? Nach meiner Auffassung – keiner. Aber jeder auf seine Art. So ist es nun mal, im Kompromiss liegt der Erfolg.

Damit hat Bad Harzburg mit dem herausragenden CANOSSA-Obelisk auch im europäischen Gedanken ein besonderes Teil gewonnen. Für alle Zukunft auch ein Alleinstellungsmerkmal in Europa besonderer Art. So wird der historische „Gang nach Canossa“ auch hier in ganz wichtiger Erinnerung bleiben.

12. Nov. 2021 – – – Horst Woick

Weitere Bilder rund um die historischen Begebenheiten und die Fahrt des Fördervereins Historischer Burgberg Bad Harzburg nach Canossa

König Heinrich IV. bitte vor Papst Gregor VII. um Wiederaufnahme in die katholische Kirche und um seine Königswürde. Links Gräfin Mathilde von Tuszien und die anderen Würdenträger.
Am Schluss des Bußganges erfolgte die rituelle Fußwaschung zwischen den zerstrittenen Papst und König, sowie den Schlichtern Mathilde v. Tuszien und dem Abt  Hugo v. Cluny.

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Heiterer Blick auf Harzer Geschichte

Heiterer Blick auf Harzer Geschichte

Mit knappen Strichen und launigen Worten

Der frühere Bad Harzburger Rechtsanwalt/Notar und langjährige Ratsherr Hans-Henning Borchhardt hat um 1970 die Harzer Historie und vor allem aber auch die Bad Harzburger Geschichte mit spitzer Feder und sehr humorigen Sprechblasen zu Papier und anschließend in Buchform (Auflage vergriffen) gebracht. An das Werk und seinen Schöpfer soll hier erinnert sein.

Die Besiedlung der Harzer Wälder in grauer Vorzeit durch vorbeiziehende Völkerscharen wurde von Borchhardt als erste touristische Erschließung des Harzes ausgemacht. Der europäische Kaiser Karl der Große christianisierte die hier nun sesshaften Sachsen und lässt sie in den wilden Gebirgsbächen taufen.

Ein Höhepunkt unserer Geschichte findet 918 beim Vogelfang mit dem Antrag der Königskrone an den Sachsenherzog Heinrich statt. Der Harz wird damit zum Geburtsort des ersten deutschen Reiches. Den immer wieder herannahenden Hunnen wird mit der Kaiser-Pfalz Werla ein stabiles Bollwerk entgegen- und den ungarischen Einfällen ein Ende gesetzt.

Als Sohn von Heinrich I. wird Otto der Große in Rom zum Kaiser gekrönt und damit wird die immer noch hinterwäldlerische Harzregion mit der zivilisierten Welt des Heiligen römischen Reiches Deutscher Nation vereint. Die Städte Quedlinburg und dann Goslar werden dadurch der Mittelpunkt deutscher Könige und Kaiser.

Mit der Schatzkammer des Goslarer Rammelsbergs sichert sich der nunmehr salische Kaiser Heinrich III. eine stabile Geldquelle. Selbst der Papst Viktor II. kommt persönlich nach Goslar, um ihn hier zum Kaiser zu krönen. Die für das spätere Bad Harzburg so wichtige Entscheidung fiel durch seinen Sohn Heinrich IV. 1065 mit dem Bau der ersten Harzburg und weiterer Burgen um den Harz zur Unterdrückung der hier wohnenden Bevölkerung.

So geht es frei nach Hans-Henning Borchhardt Seite für Seite weiter in seinen beiden Büchern „Heitere Wanderung durch die bewegte Geschichte der Harzer bzw. Braunschweiger Lande“. Erschienen im Verlag seines Bruder Jobst Borchhardt.

Über den ersten welfischen Kaiser Otto IV. mit seinem Wirken von Braunschweig auf Goslar und dass Harzvorland, sowie durch seinen spektakulären Tod auf der HARZBURG. Das segensreiche Wirken von Herzog Julius mit der Erschließung Bad Harzburger Solequelle bringt dem damaligen „Amt Harzburg“ einen wirtschaftlichen Aufschwung, der bis heute anhält. Die Harzburger Sole sprudelt heute noch zum Wohle der Gäste und Bürger dieser Region.

Weiter wird die Neuzeit ab 1842 mit der Umstellung der Sole von der Salzgewinnung zu Heilbadezwecken mit den ersten Kurgästen in den Sole-Wannen eingeläutet. Aus „Neustadt unter der Harzburg“ wird Bad Harzburg.

Aber auch von der Veranstaltung der nicht gerade positiven Harzburger Front (1931) im Kurpark und der Einrichtung der innerdeutschen Grenzziehung (1961 – 1989) wird gezeichnet und berichtet. So könnte man immer weiter das skizzenhafte und leicht ironische Wirken von Hans-Henning Borchhardt für unsere Region beschreiben. Dazu kommen noch viele kulturhistorische Landschaftskarten im gleichen eigenwilligen Stil.

Die Burgbrunnen-Befahrung 1966

Die Mannschaften der Freiwilligen Feuerwehr Bad Harzburg und des Technischen Hilfswerkes mit den Organisatoren: Hans-Henning Borchhardt (vordere Reihe 3. von rechts), Horst Woick und Dr. Meyer (hintere Reihe 2. und 3. von rechts)

Mit diesem Geschichtswissen kam Hans-Hennning Borchhardt auf die Idee, im Jahr 1966 den Harzburger Burgbrunnen zu erforschen. Mit ehrenamtlichen Einsätzen der Freiwilligen Feuerwehr, des Technischen Hilfswerks und einiger Harzburger Bürger gelang es ihm, den geheimnisvollen und bis dahin nicht vermuteten vermeintlichen Fluchtstollen von Heinrich IV. zu erkunden. Viele Bürger unserer Heimat werden sich noch heute an diese spektakuläre Brunnen-Erforschung erinnern.

„Untertage“ gab es viel zu entdecken.  Bei 42,60 Meter Tiefe stand man schon auf einer Schuttsohle. Außer einem „modernen“ Gartenstuhl gab es keine historischen Dinge zu finden. Die gründliche Leerung des Brunnens um 1860 hatte ganze Arbeit geleistet. Aber die wichtigste Entdeckung war die Erkundung des bisher immer umstrittenen Stollen in Richtung Antoniusplatz. Dieser Stollen diente mit Sicherheit zur Wasserversorgung der Burg.  Nach der Art, Größe und Ausstattung könnte er aber auch gut als kurzer Fluchtstollen für den König HEINRICH IV. mit einem verdeckten Ausgang an der Bergböschung gedient haben. Leider wurde es versäumt, amtliche Archäologen an dieser Aktion zu beteiligen. So wird dieser Stollen  und damit seine Akzeptanz leider bis heute nicht zur Kenntnis genommen, obwohl er in Wirklichkeit vorhanden ist.

Auszug aus der Harzburger Zeitung vom 22. August 1966: H.-Henning Borchhardt (links) wird in die unbekannte Tiefe des Burgbrunnens abgeseilt und findet den vermeintlichen Stollen.

So ist es nach 950 Jahren seit der Fertigstellung der ersten HARZBURG durch HEINRICH IV. heute einmal Zeit an das überregionale und künstlerisch-historische Wirken von Hans-Henning Borchhardt zu erinnern und es zu würdigen. Nach dem Tod ihrer Mutter, einer geborenen Freiherrin von Bernewitz, ließen sich beide Brüder von ihrer Tante adoptieren. So sind beide Brüder Borchhardt heute unter dem Namen Freiherren von Bernewitz bekannt. Herr Freiherr Hans-Henning von Bernewitz verstarb 2013 bei Bonn am Rhein.

Mit dieser persönlichen Skizze von Hans-Henning Borchhardt an Horst Woick als Vermesser über die Erkundung des Burgbrunnens mit der „sagenhaften Krone“ und „dem vermeintlichen Fluchtstollen von HEINRICH IV. “ stellt Borchhardt die Arbeiten im Jahr 1966 mit der Freiwilligen Feuerwehr und dem Technischen Hilfswerk zur Brunnen-Befahrung dar.

2018 | Horst Woick

Ganz im Borchhardt-Stil zeichnete später Horst Woick selbst ein Bild zum Ende Otto IV., der an Diarrhoe auf der Harzburg starb.

— Das Borchardt-Buch zum Durchblättern | Seiten aus dem Woick-Archiv und dem Ahrens-Archiv

Der Burgbrunnen auf der Harzburg

Der Burgbrunnen auf der Harzburg

Die Geheimnisse des Burgbrunnens auf der HARZBURG

Der Burgbrunnen auf dem Gr. Burgberg in Bad Harzburg birgt so einige Geheimnisse. Wann und wie wurde dieser ca. 57 m tiefe Wasserspeicher mit einer Wasserleitung aus den Bergen erstellt? Wie floh König HEINRICH IV. von der HARZBURG? Ist seine Krone bei der Flucht wirklich in den Brunnen gefallen, wie es der Sage nach geschah? Gibt es einen Fluchtstollen?

Diese Fragen bewegten schon viele Generationen und so kamen Bad Harzburger Bürger in den Jahren 1966 und 1968 auf den Gedanken, die Lösungen zu erkunden. Der Initiator, Rechtsanwalt und Ratsherr Hans-Henning Borchardt, wollte anlässlich eines Kommunalwahlkampfes den Burgbrunnen erforschen, die verlorene Krone aus dem Sumpf heben, den sagenhaften Fluchtstollen suchen und damit den begehrten Sitz im Stadtrat erringen. Die Freiwillige Feuerwehr und das Technische Hilfswerk stellten die technische Ausrüstung, um das Brunnenwasser auszupumpen und eine Personen-Seilfahrt zu ermöglichen.

Hans-Henning Borchardt wird von Helfern der freiwilligen Feuerwehr als Erster in den leergepumpten Brunnen herabgelassen.

So ging man frohen Mutes ans Werk. Die benzinbetriebenen Pumpen stellten aber in ca. 20 m Teufe (bergmännisch für Tiefe) ständig ihren Betrieb ein. Ein fachkundiger Bergingenieur im städtischen Bauamt (Verfasser dieser Zeilen) wurde zu Hilfe gerufen. Eine schnelle Analyse: Ganz einfach, durch den Verbrennungsbetrieb der Pumpen fehle es im Schacht an Sauerstoff und die Benzin-Motoren erstickten! 

Also mussten elektrische Pumpen beschafft werden.  Die Firma Flygt stellte elektrischen Tauchpumpen speziell für die Erforschung des Burgbrunnen kostenlos zur Verfügung. Nach 14 Tagen konnten die Arbeiten damit fortgesetzt werden und das Wasser war schnell abgepumpt. Hans-Henning Borchardt (später Hans-Henning Freiherr v. Bernewitz) seilte sich als Erster an einem nicht ganz vertrauenswürdigen Stahlseil in den Brunnen hinab.

Schnell verhedderte er sich tief im Brunnen in den vielen Kabeln und Wasserschläuchen und war heilfroh, als er wieder das Tageslicht erblickte. Der Bergingenieur ließ sich als nächster hinab und stand bei ca. 42 m Teufe auf einer Geröllhalde. Mit einem alten Gartenstuhl als Mitbringsel kam er wieder an die Oberfläche.

Die reale Brunnen-Teufe soll nach älteren Angaben aus dem Jahr 1860 rd. 57 Meter betragen. Damit betrug die vorhandene Geröll-Aufschüttung ca. 15 Meter oder ca. 200 Kubikmeter. Diese sollte aus dem Brunnen entfernt werden, um auf die Sumpfsohle zu gelangen. Verschiedene ältere Harzburger stellten aber fest, dass angeblich am Ende des 2. Weltkrieges der Volkssturm und die Hitlerjugend sich beim Anmarsch der amerikanischen Armee ihrer Waffen und Munition in den Brunnen entledigt hätten. Damit wurde von einer Säuberung des Brunnens abgesehen. Die sagenhafte Krone bleibt, wo sie ist…

Eine Sensation war die Entdeckung eines Stollens in ca. 12 Meter Teufe. Bisher waren namhafte Archäologen immer davon ausgegangen, dass, wenn es einen Stollen geben sollte, dieser in viel größerer Teufe, also unter dem Schutt, anzutreffen sein würde. Ein Fluchtstollen, vielleicht sogar bis Walkenried, ist von mehreren Kilometer Länge auf viele Burgen immer eine sagenhafte Überlieferung und danach gibt es auch auf der HARZBURG real keinen Stollen, basta. Nun war plötzlich die Erkenntnis eine andere! Eilig wurde eine Arbeitsbühne in den Brunnen gehängt, um den Einstieg in den Stollen zu erleichtern.

Eingehängte Arbeitsbühne am Stollen-Mundloch im Brunnenschacht.
Eingehängte Arbeitsbühne am Stollen-Mundloch im Brunnenschacht.

Eine Befahrung (bergmännisch für Begehung) des Stollens war aber wegen eines Geröll-Einbruchs so schnell nicht möglich. Mit dem Ergebnis der Erkundungen war man jedoch letztlich zufrieden und die Aktion wurde eingestellt.

Es blieben aber zu viele Fragen offen. Was war mit einer bekannten Wasserzuleitung? Wie wurde die Burg oder sogar direkt der Brunnen durch einer Wasser-Zuleitung aus den Bergen versorgt und wo würden diese Zuleitungsrohre nun mit dem gefundenen Stollen zusammentreffen?

Konnte man den Brunnen in den Zeiten der ersten HARZBURG um 1065 ohne Sprengstoff oder erst viel später unter Zuhilfenahme von Sprengstoff erstellen? Wurde diese Anlage beim Bau der HARZBURG in den drei Jahren von 1065 bis 1068 so komplett, oder wurde der Brunnenschacht über einen viel längeren Zeitraum phasenweise gebaut?

Was für eine gewaltige bergmännische Leistung steht hinter der Abteufung des Burgbrunnen, durch sehr hartes Gestein/Hornfels bis zu 57 Meter Teufe (Tiefe)! Das alles ohne Sprengstoff, nur mit Schlägel und Eisen, eine unvorstellbare bergmännische Arbeit.

Das Wissen um den Stollen ließ den beteiligten Mannschaften keine Ruhe. Wie sieht es darin aus, was liegt so alles in dem Schutt, wie lang ist der Stollen und wo führt er hin? Fragen über Fragen, also musste eine neue Aktion geplant werden. 1968 war es dann so weit. Diesmal nicht nur durch den Brunnen, sondern eine Grabung an der Böschung erschloss einen neuen Eingang direkt zum Stollen.

An der Nordseite der Bergböschung erschlossener Zugang für die Grabungshelfer und Material zum Brunnen und dem neu erkundeten Stollen.

So konnten die Befahrungen und die weiteren Arbeiten ohne die zusätzlichen Mühen durch den Brunnen durchgeführt werden.  Der Stollen wurde auf einer Länge von ca. 18 Meter gesäubert (bergmännisch: aufgewältigt) und provisorisch verbaut. Die alten (wie alt?), eingestürzten Holzkappen sollen nach Angaben der Beteiligten „vor Ort“ einfach in den Brunnen entsorgt worden sein. „Gott sei Dank“, so könnten nachfolgende Generationen noch eine Altersbestimmung zur Feststellung des Jahrhunderts der Bauzeit durchführen.

Man war vom Ausbau und Zustand des Stollens beeindruckt. Da bekannterweise bis ins 19. Jahrhundert das Quellwasser aus Richtung Stübchen- und Spökental durch eine tönerne Wasserzuleitung der HARZBURG zugeführt wurde, liegt die Vermutung nahe, dass diese irgendwo zwischen dem nahen Bergsattel, genannt Antoniusplatz, und dem Burgbrunnen mit dem Wasserzuleitungstollen zusammentreffen.

Ein Grabungshelfer bei der Aufwältigung des Stollens und der Freilegung der Quellwasser-Zuleitung durch eine Wasser-Seige (bergm. für Wasser-Zu- oder Ableitung).

Folglich kann der Stollen nur eine geringe Länge aufweisen. Nach dem voraussichtlichen Ende des Stollens nach ca. 18 Metern wurden leider kein Anschluss mit Tonrohren, sondern nur ein einfacher Graben mit geringer Bedeckung und steinernem Ausbau vorgefunden. Der damalige Grabungshelfer Joachim Deichmann war bei der Erkundung dabei und hat heute noch umfangreiche Bilder und Skizzen gesammelt. Da der Stollen mit geringer Deckung unter der Böschung parallel zur Höhenlinie erläuft, ist nachvollziehbar, dass es dort auf dieser Strecke irgendwo einen vergrabenen Deckel gab, durch den der König hätte unbemerkt fliehen können.

Des Rätsels Lösung zur sagenhaften Flucht war damit erkundet und alle Beteiligten waren sich einig, nur so kann es gewesen sein. Einen großen Fehler haben aber die Akteure im Eifer des „Gefechtes“ gemacht! Bis auf diese Angaben durch einen nur sehr sporadisch anwesenden Helfer gibt es leider außer einigen Aufzeichnungen und Fotos keine weiteren, wissenschaftlich standfesten Aufzeichnungen. Man hätte damals unbedingt einen qualifizierten Archäologen an diesen Aktionen und Ausgrabungen beteiligen müssen, um diese wesentlichen Erkenntnisse auch wissenschaftlich für die Nachwelt anzuerkennen und auf Dauer öffentlich zu sichern. 

Im Jahr 2006 fand noch einmal eine Befahrung durch Höhlenforscher statt. Man wollte erkunden, inwieweit man durch eine gezielte Beleuchtung diese Erkenntnisse den Besuchern sichtbar machen könnte.

Das Ergebnis war recht zufriedenstellend. Der Förderverein „Historischer Burgberg Bad Harzburg e.V.“ ist nun bemüht, in nächster Zeit mit dem Grundstückseigentümer und einer Fachfirma eine qualifizierten „Höhlenbeleuchtung“ oder eine dauerhafte Befahrung des Brunnens zu installieren. Ein dauerhafter Zugang von außen – wie schon 1968 – mit der Möglichkeit zur kurzen Befahrung des Stollens und Blick von dort in den Brunnen wäre vielleicht über eine Wendeltreppe auch möglich!

Übrigens, laut einer Chronik des ersten Gastwirtes auf dem Burgberg wurden bei einer Brunnenreinigung um 1860 zur Wasserbevorratung für den ersten Gasthof auf dem Gr. Burgberg zwar zahlreiche Gegenstände aus dem Mittelalter gefunden, die Krone aber leider nicht. Bekanntermaßen sind die Reichsinsignien mit der Krone heute wohlverwahrt im Reichsmuseum der Stadt Wien, ein Duplikat davon ist auf der Burg Trifels, zu besichtigen.

Seiger-Riss durch den Burg-Brunnen, dem möglichen Fluchtstollen und der Planung einer möglichen Brunnen-Beleuchtung.

Vielleicht könnte auch bald einmal ein Duplikat dieses Schatzes der Reichsinsignien auf der HARZBURG, vielleicht im vorhandenen Turmstumpf „OTTO IV.“ ausgestellt werden? Da lagen die Reichsinsignien bereit zu Zeiten von König HEINRICH IV. und urkundlich erwähnt im Jahr 1218 aus Anlass des Todes von Kaiser OTTO IV. auf der HARZBURG.  In der Historie des Burgberges mit der ersten großen Reichsburg von HEINRICH IV. um 1068, den Burgen von Kaiser BARBAROSSA und OTTO IV.  und dem heutigen Kurort Bad Harzburg wäre eine Ausstellung der Reichsinsignien sehr angebracht!

Bad Harzburg 2019 | Horst Woick

Video Befahrung 2006 und Burgbrunnen-Präsentation im Woick-Archiv

Viele Fotos zum Brunnen auf dem Bad Harzburger Burgberg bietet die Plattform Harz-History (ext.)

Krodo und die Akademie der Künste

Krodo und die Akademie der Künste
Präsentation des Gemäldes „Opferfest des Krodo auf der Harzburg“ von F.G. Weitsch mit weitergehender Bildbeschreibung und Erklärungen durch den Ehrenvorsitzenden des Fördervereins Historischer Burgberg, Horst Woick.

Krodo und die Akademie der Künste in Berlin

Unmittelbar zwischen dem Brandenburger Tor und dem Hotel Adlon befindet sich die bereits im Jahr 1696 gegründete Akademie der Künste in Berlin. Eine wahrhaft historische Adresse in einem neuen Baukörper. Viele wertvolle und einmalige Exponate des deutschen Kulturgutes lagern dort in dem gut gesicherten mehrstöckigen Keller.  Im Jahr 1996 wurde aus Anlass des 300-jährigen Jubiläums eine Festbroschüre herausgegeben. Auch besondere Gemälde deutscher Künstler wurden in dem Heft herausgestellt und beschrieben. Zur Verwunderung und großem Erstaunen in Bad Harzburg auch das Gemälde „Das Opferfest des Krodo auf der Harzburg“ von  Friedrich Georg Weitsch aus den Jahren 1797/98 in einer Größe von 127 x 162,5 cm.

Das Bild war im Harz bis dahin weitgehend unbekannt. Also bemühte sich der damalige Geschäftsführer des Förderverein Historischer Burgberg Bad Harzburg, Horst Woick, um einen Besuch der Akademie und Ansicht dieses Kunstwerkes. Das war aber leider zu dem Zeitpunkt nicht möglich.

Nach der Wende 1989 mussten erst die schützenswerten Kunstwerke beider Bereiche vereinigt und in den Gebäuden der Akademie der Künste zusammengeführt werden. Umfangreiche Bauarbeiten wurden erforderlich, um wirkungsvolle Räume für die vielen Ausstellungen und vor allem auch dem Schutz dieser besonderen Werke zu schaffen. 

Empfang des Vorstandes des Fördervereins Historischer Burgberg und der Kräutergruppe Berlin durch Anna Schultz (3.v.li.) vor der Akademie der Künste in Berlin.

Danach wurden die ersten Kontakte wiederhergestellt und besonders durch Judith Spichalski, Leiterin einer Berliner Wander- und Kräutergruppe, die fast regelmäßig einmal im Jahr in Bad Harzburg einkehrt, intensiviert. Bei den geführten Wanderungen wurde dieses offene Thema eingehend besprochen.

Damit kam es zu einer persönlichen Verbindung mit der zuständigen Akademie-Mitarbeiterin Anna Schultz. Dann ging es auf einmal sehr schnell. Der Förderverein Historischer Burgberg bekam eine Einladung und den Termin zur speziellen Besichtigung des Gemäldes in den Schutzräumen der Akademie. Der geschäftsführende Vorstand mit Dirk Junicke, Reinhard Vierke, Stefan Scholz und Ehrenvorsitzendem Horst Woick fuhr nach Berlin. Sie waren bei der Ankunft von der Wirkungsstätte der Akademie der Künste schon von dem Gebäude in dieser Kulisse sehr beeindruckt.

Anna Schultz begrüßte die Herren aus Bad Harzburg und Judith Spichalski als Vermittlerin. Nach einer Einführung in Geschichte und Zweck der Akademie fuhr die Gruppe direkt mit einem speziellen Fahrstuhl in eine der vielen und gesicherten Keller-Etagen. Dort wurde das Gemälde spontan präsentiert. Alle Anwesenden waren beeindruckt.

Auch Anna Schultz von der Akademie hatte offene Fragen an die Harzburger, was es denn mit dem sächsischen Gott Krodo in Bad Harzburg so alles auf sich habe. Allein bei der Bedeutung und Herkunft des bekannten Krodo-Altars wurden viele Argumente ausgetauscht. So ergab sich eine lebhafte Diskussion, wobei die offizielle Bilderklärung des Künstlers Weitsch, die verschiedenen Bilddarstellungen und die vielen Überlieferungen im Volksmund zwischen den Teilnehmern ausgetauscht wurden.

Als Schlussfolgerung ist festzustellen, dass man trotz einer allgemein geteilten Meinung in der Wissenschaft und Volksmund über die Vergangenheit des Götzen Krodo als Harzer Bürger stolz sein kann, dass dieses Gemälde an diesem ganz besonderen Ort des deutschen Kulturgutes vorhanden und sichergestellt ist!

Eine eindeutige Klärung über das „Für und Wider“ ist heute nicht mehr zu erwarten. Aber schon allein historisch und touristisch ist das Wissen um den Sachsengott Krodo für Bad Harzburg von besonderer Bedeutung. Das Gemälde kann käuflich nicht erworben werden. Eine befristete Leihgabe an ein besonders gesichertes, kommunales Museum wäre auf Antrag möglich.

2019 | Horst Woick

Der Burgbrunnen auf der Harzburg

Der Burgbrunnen auf der Harzburg

Weniger Bewegtbild, dafür um so mehr Wissen transportieren die Vorträge, die der seit dem 12. November 2025 nun 92-jährige Horst Woick geschaffen hat. Das Problem: Als guter Rhetoriker hat Horst Woick Reden und eben auch Vorträge stets frei gehalten. Nach und nach werden die Folien der Präsentationen nun „untertitelt“ und wie „Der Burgbrunnen auf der Harzburg“ ebenfalls auf YouTube und auf dieser Website gezeigt.

Das Titelbild der Präsentation stammt von Klaus Röttger. Zwei weitere Zeichnungen um die Flucht Heinrich IV. hat Andreas Pages geschaffen

Grube Friederike

Grube Friederike
„Friederike“-Info-Tafel am Wegesrand im Wildgehege mit Damwild-Hirschen

Eisenerz-Abbau in der „Grube Friederike“

Vorwort: Mitte des 19. Jahrhunderts wurde im „Amt Harzburg“durch den Bergingenieur W. Castendyck ein Eisenerz-Vorkommen erkundet. Zusammen mit Consul H.H. Meyer als Finanzier konnte ein Abbau und Verhüttung geplant werden. So begann mit der „Grube Friederike“ die Erschließung deraus mehreren geologischen Schichten bestehende Eisenerz-Lagerstätte. Das von West nach Ost ausbeißende Erzlager wurde zuerst an der Oberfläche (Standort des heutigen Industrie-Standortes „Mann und Hummel“, dem Wildgehege undGolfplatz) abgebaut. Nach Problemen mit der Wasserführung erfolgte ab 1861 durch die Abteufung eines Schachtes (zuerst bis auf 210 m Teufe) der Übergang zum „untertägigen“ Abbau. Es bildete sich die konsolidierten Harzburger Bergwerke „Friederike“ und „Hansa“.

Heute steht am Wegesrand beim Wildgehege eine vom Harzburger Geschichtsverein finanzierte Informationstafel. Sicher werden noch einige Passanten sich an diese Vergangenheit erinnern und einige Vorfahren erkennen können. 

Das Bergwerks-Gelände mit Halde        

Historie: Das Eisenerzbergwerk „Grube Friederike“ um 1860 nach der Abteufung des ersten Schachtes. Der Erztransport zur Hütte in Schlewecke erfolgte zuerst mit Pferdefuhrwerken. Später bis zur Schließung des Bergwerkes 1963 mittels einer Seilbahn über die Siedlungsbereiche in Bündheim und Schlewecke zur Mathildenhütte.

Für die Verhüttung des Eisenerzes wurde die „Mathilden-Hütte“ an der damals neuen Eisenbahnlinie von Braunschweig ins Amt Harzburg, beziehungweise zurück, erbaut. 

1937 wurde ein weiterer Schacht abgeteuft und dieser hatte letztlich auf der 13. Sohle eine Teufe von 408 Meter, mit Sumpf 425 Meter Teufe. Die Verhüttung der geförderten Erze erfolgte kriegsbedingt ab 1943 anschließend in den Salzgitter- Stahlwerken.

Geologie: Die geologisch maritim-sedimentäre Ablagerung bildete sich im Jura / Lias vor ca. 200 bis 155 Millionen Jahren. Die spätere Lagerstätte erfolgte durch die Zuführung von Eisenlösungen in ein Meer mitnachfolgender Bildung der oolithischen Erze. Die Ablagerungen wurden später durch geologische Auf- und Absenkungsvorgänge (Harzrand-Überschiebung) um ca. 120 Grad überkippt. Es bildete sich die „subherzynische Mulde“ zwischen dem heutigen Harz-Rand bei Bad Harzburg und Vienenburg. Die älteren Ablagerungen lagen nun am Harz-Rand über den jüngeren Schichten.  Heute noch gut zu erkunden im Kalk-Werk Oker-Harlingerode. Zahlreiche Fossilien sind in den Meeresablagerungen eingebettet. Durch die Überkippung wurde das „geologisch Liegende“ in mehreren Erzlagern nun das „bergmännisch Hangende“. Der Eisengehalt der abbauwürdigen Erze betrug zwischen 25 bis 35 %. Ein zusätzlicher Kalkgehalt war als notwendiger Zuschlagstoff für die Verhüttung sehr förderlich.

Besonders zeichnet sich der teilweise hohe Anteil von Meeres-Fossilien, vorrangig bis 1 m große Ammoniten, im Eisenerzlager aus. Diese sind heute in der geologischen Sammlung der TU Clausthal zu sehen. Ende des 20. Jahrhunderts wurden im Kalk-Steinbruch in begleitenden Horizonten sogar Fossilien von einer speziellen Saurier-Art gefunden. Diese besondere Saurier-Art erhielt den Namen „Europasaurus-Holgeri“, und ist im Saurier-Museum Münchehagen sehr anschaulich und umfangreich ausgestellt.

Seigerriss der Schachtanlage                  

Bergbau: Der bergmännische Abbau von drei Eisenerz-Lagern mit unterschiedlicher Mächtigkeit zwischen 2 bis 7 Meter erfolgte im Scheiben-Bruchbau von je ca. 50 m in der Höhe.  Das war damit auch der Teufen-Abstand zwischen je zwei Sohlen als Füllort am Schacht und der Richtstrecken. Von diesen Richtstrecken zweigten die Querschläge zu den einzelnen Erz-Abbauen ab. Im Erzlager wurden jeweils 2 Aufhauen (kleine Schächte – Fahr- und Sturz-Rolle) zwischen Sohlen aufgefahren.

Es erfolgte keine anschließende Verfüllung der Hohlräume, die durch das abgebaute Erzlager entstanden sind. Diese gingen fortlaufend gezielt zu Bruch und füllten sich mit dem  unberechenbaren und gefährlichen „bergmännisch-Hangenden“ aus anstehenden Tonlagen. Dieser Bereich über den Köpfen der Bergarbeiter wurde als der „Alter Mann“ benannt.

Das Eisenerzbergwerk Friederike wurde im Jahr 1963 geschlossen und die zwei Schächte verfüllt. Der gesamte Grubenbau ist auf natürliche Weise verdichtet und Absenkungen sind nicht mehr zu befürchten. Heute wird das ehemalige Grubengelände industriell und das Bergschadensgebiet als Wildgehege und Golfplatz genutzt.

Chronologie: Die konsolidierten Bergwerke “Grube Friederike“ und „Grube Hansa“ mit der Mathildenhütte durchlebten in über 100 Jahren eine wechselvolle Geschichte und prägten in dieser Zeit die Industrialisierung im „Amt HARZBURG“. Viele Bürger des Amtes HARZBURG haben in diesen Bergwerken und der Hütte ihre harte Arbeit verrichtet! Auszug aus einer Niederschrift des Bergamtes:

„Konsolidierte Eisenerzbergwerk FRIEDERIKE und HANSA“
Oberbergamtsbezirk Clausthal, Bergamt Goslar Süd

Wie doch die Geschichte in so „kurzer Zeit“ die Landschaft verändert und dem einen ganz neuen Charakter gibt. Von harter Arbeit – zu Freizeit und Erholung!  

Das ehemalige Berg-Schadensgebiet hat heute sich mit dem Wildgehege und Golfplatz für die Gäste und Bewohner von Bad Harzburg mit umlaufenden Wanderwegen zu einer Grünanlage und einem zweiten Kurpark für Jung und Alt entwickelt!

Horst Woick | 2021

— Weitere Bilder zum Erzabbau im „Amt Harzburg“ —

Der Teufelsstieg

Der Teufelsstieg

Der Teufelsstieg über den Brocken

Goethe führte aus unterschiedlichen Gründen drei Reisen (1777, 1783, 1784,) quer über den Harz durch. Eine weitere Reise berührte 1805 den Harz lediglich bei Thale und Gernrode am nördlichen Harzrand. Der höchste Berg dieses damals noch recht unwegsamen Gebirges war der Brocken – von allen Seiten gut zu sehen, aber kaum zu besteigen. Neben dem technischen Fortschritt des Bergbaus und den offenen Fragen der Geologie hatte Goethe auch immer die Fortschreibung seines Lebenswerkes, des „Faust“, in seinen Gedanken dabei. So würdigte er den Harz mit dem Kapitel der „Walpurgisnacht im Harzgebirge – Gegend von Schierke und Elend“. Im heutigen Harz-Tourismus,  aber auch weltweit, immer noch ein sehr bekanntes Thema!

Nach der Wende 1989 rückte das bis dahin gesperrte Brockengebiet wieder in den Mittelpunkt eines beliebten Wandergebietes im neuen Nationalpark Harz.  Um 2000 wurde daher vom Harzer Tourismusverband ein Arbeitskreis zur Bildung eines besonderen Themen-Wanderweges, dem „Hexenstieg“ gebildet.

Im Jahr 2010 wurde dieser Teil des Teufelsstieges als zertifizierter Themenwanderweg in das Wanderprogramm von Bad Harzburg übernommen.

Als ehemaliger Kurdirektor von Bad Harzburg und bekannter Organisator der vielen Harzüberquerungen wurde Horst Woick in den Ausschuss berufen. Nach einigen Sitzungen wurde dann der geplante Streckenverlauf von Ost nach West (oder umgekehrt), von Thale über den Brocken nach Osterode, beschlossen.

Da Bad Harzburg nicht berücksichtigt wurde, schied Woick auf eigenen Wunsch aus diesem Gremium aus. Schon auf der Rückfahrt von Goslar nach Bad Harzburg reifte in ihm beim Anblick des Brockens gleich, frei nach Goethe, der Gedanke: „Wo Hexen sind, da sind auch die Teufel“! Ein Wanderweg von Nordhausen/Ilfeld bis zum Brocken, von Süd nach Nord, auf Goethes Spuren seiner ersten Harzreise und weiter nach Bad Harzburg wäre die ideale Ergänzung. Dieser Teufelsstieg würde dann auf dem Brocken direkt auf den Hexenstieg treffen. Dort wo Teufel und Hexen laut Goethe in der Walpurgisnacht schon seit Jahrhunderten eine orgastische Feier veranstalten und zusammen buhlen.

Goethe war 1777 nachweislich in Ilfeld, übernachtete dort und wanderte dann damals über Sophienhof und Trautenstein quer über den Harz nach Wernigerode. Weiter ging es nach Goslar, wo er dabei den Bereich vom heutigen Bad Harzburg berührt haben muss. Seinen ersten Brockenaufstieg führte er dann am 10. Dezember bei tiefem Schnee vom Torfhaus aus durch. Sicher auch in Gedanken an die jährliche Walpurgisnacht, wo Teufel und Hexen dort buhlen.

Die Planung und Finanzierung des Hexenstieges war von Seiten des Harzer Tourismusverbandes gesichert und deshalb fand ein weiterer Themenwanderweg wie der Teufelsstieg von dieser Seite keine Unterstützung. Die gemeinsame historische Grundlage und die weltliterarische Bedeutung dieser beiden Themenwanderwege wurden damit verkannt.

Es folgten weitere Diskussionen, z. B. am Brockenstammtisch, auch ohne Erfolg. Damit entfiel die Überlegung, einen Teufelsstieg von Süd nach Nord entsprechend der Länge des Hexenstieges zu entwickeln. Auch eine Unterstützung der betroffenen Orte für diese Planung war nicht zu erkennen.

Die Kur-, Tourismus- und Wirtschaftsbetriebe der Stadt Bad Harzburg nahm aber das werbewirksame und touristisch sehr stichhaltige Thema auf und gemeinsam mit dem Gesamt-Harzklub und dem Nationalpark Harz wurde 2005 quasi der erste Teil dieses Themenwanderweges zwischen Bad Harzburg und der Brockenkuppe unter großer Teilnahme vieler Wanderer eingeweiht. Der neue Wegweiser mit dem Teufel-Symbol, mit der Forke nach unten gerichtet, zeichnet den Wanderweg auf dieser Strecke aus.

Aber was ist dieser kurze Themenwanderweg ohne die von Johann Wolfgang v. Goethe in seinem Lebenswerk „Faust 1. Teil“ beschriebene Walpurgisnacht auf dem Brocken? Da fehlt die imaginäre Brockenbesteigung von Dr. Faust in Begleitung von Mephisto (als Teufel in Menschenform) zur Walpurgisfeier als besonderer Höhepunkt.

Dieser Teil des teuflischen Brockenaufstieges, wie Goethe es beschreibt: „WALPURGISNACHT – Harzgebirg. Gegend von Schierke und Elend“, beginnt an der „Talwächter-Fichte“ im Elendstal mit der Kalten Bode. Ferner ist die Besteigung der Schnarcherklippen und der weitere Aufstieg durch das urwüchsige Eckerloch zum Brocken literarisch sehr gut nachzuvollziehen. Es lohnt sich, den „Faust“ dabei zu haben und die besagten Stellen nachzulesen.

Das dieser Teufelsstieg nur von Bad Harzburg auf den Brocken führt, ließ Horst Woick nicht ruhen und er fand in Benno Schmidt, besser bekannt als „Brocken-Benno“, einen sehr rührigen Mitstreiter. Dieser hatte die besten Verbindungen auf der östlichen Seite des Brockens und so konnte dieser Teil des Teufelsstieges mit starker Unterstützung des Nationalpark Harz, des Gesamt-Harzklubs und insbesondere vom Harzklub-Zweigverein Wernigerode ausgeschildert werden.

Auch hier ist der Wegweiser mit dem Teufel-Symbol, allerdings mit der Forke nach oben. Dazu aber auf der Strecke jetzt für diesen außergewöhnlichen Themenwanderweg besonders gute Darstellungen der Ausführungen aus dem „FAUST“ von Goethe. Der Weg erhält hierdurch eine ganz besondere Note als Themen-Wanderweg.

Nun richtete die Stadt Bad Harzburg gemeinsam mit dem Gesamt-Harzklub den Deutschen Wandertag 2014 im Harz aus. Im Rahmen dieser Veranstaltung erfolgt eine Testwanderung mit Vertretern das Harzklubs und besonderen Wanderern, mit dem Ziel, den Weg sach- und fachgerecht in das gesamte Themenwanderwege-Netz des Harzes und vor allem des Brockens einzubinden.

Die Test-Wandergruppe unter Führung von Horst Woick und „Brocken-Benno“ überqueren die „Kalte Bode“ bei Elend. Zwischendurch erfolgten mündlich vorgetragene Zitate aus Goethes „Faust“ über den Brockenaufstieg in der Walpurgisnacht.

Hier kommt der Teufelsstieg als literarisch begründeter Themenweg gerade recht und diente dem Redakteur Werner Beckmann von der „Goslarer Zeitung“ als ein ganz besonderer Höhepunkt. Es folgt der Gedenktag der deutschen Einheit und der Tag des Mauerfalls wird damit am 3. Oktober 2014 auf dem durch die Wiedervereinigung wieder freien Brocken gebührend gefeiert. Es erfolgt die offizielle Einweihung des Teufelsstieges in Gegenwart der beiden Wegbereiter Horst Woick und Benno Schmidt (Brocken-Benno), sowie von Ehrengästen und mehr als 1200 Wanderern.

Nun denkt man, damit ist alles in bester Ordnung. Aber nein, da ist doch noch das Teufel-Symbol, Forke nach unten – Forke nach oben. Was ist richtig? Was ist symbolträchtiger? Das eine ist nicht so teuflisch wie das andere?

Durchtrennung des Strecken-Bandes und Darstellung der neuen Tafel „Teufelsstieg“ mit der symbolischen Teufels-Forke nach oben für den Treffpunkt mit dem Hexenstieg auf dem BROCKEN. Bildmitte: „Brocken-Benno“ und Horst Woick.

Wer hatte außer Horst Woick und später auch Benno Schmidt je einen Gedanken an Möglichkeit für diesen einmaligen Themenwanderweg gehabt? Aber jetzt, wo es um ein ganz besonderes Detail geht, haben einige doch seltsame, sexistische Gedanken. Deshalb hat Bad Harzburg heute noch den zertifizierten Teufelsstieg nur bis zum Brocken (Forke nach unten, Teufel schlapp und abgekämpft) und der Gesamtharz (Forke nach oben, Teufel frisch und stark im Aufstieg zum Brocken) zum Treffpunkt mit den Hexen. Was mögen die dort wartenden Hexen lieber? So haben jetzt alle namentlich den gleichen Themenweg, frei nach Goethe, Dr. Faust und Mephisto, aber nur im Ostharz auch den wirklichen, thematisch begründeten Teil des Teufelsstieges. Die Wanderer werden diese Thematik sicher nicht verstehen. Selbst Goethe würde sich wohl über die Teufels-Forken Diskussion zu dieser walpurgischen Auseinandersetzung köstlich amüsieren.

Es ist aber sehr lobenswert, dass zwischenzeitlich der Harzer Tourismusverband eine sehr gute Internet-Darstellung des Teufelsstiegs veröffentlicht. Die allgemeine Wanderliteratur hat jetzt den Teufelsstieg im zunehmenden Maße als ganze und historische Strecke übernommen, beschrieben und oft sehr gut darstellt.

Mephisto und Dr. Faust bei ihrem Brocken-Aufstieg im Eckerloch.

Als Beispiel einer guten Beschreibung des Teufelsstieges und auch der Teufelsmauer ist im Buch „WANDERZEIT“ des JHM Verlag GmbH Braunschweig, zusätzlich mit weiteren Wanderwegen und Ausrüstungsempfehlungen, nachzulesen. Bei der Zertifizierung dieser beiden Themenwanderwege – Hexenstieg und Teufelsstieg – hätte man mehr Kenntnis und Darstellung von der weltbekannten deutschen Literatur zu diesen Themen erwarten können.

Ich glaube, dass es jetzt langsam Zeit wird, beide Teufel-Symbole zu vereinheitlichen und damit auch die gesamten hexistischen und teuflischen Strecken gemeinsam im Sinne von Goethe mit Dr. Faust und Mephisto zu vermarkten. Hinzu kommen noch weitere Aspekte, die bisher noch nicht berücksichtigt wurden.

Wo verläuft der exakte Brockenaufstieg von Heinrich Heine entsprechend seiner Darstellung in seinem bekannten Werk „Die Harzreise“? Nach seinen eigenen Angaben beginnt er den Aufstieg „unweit der Harzburg“! Das würde bedeuten, dass Heine durch das Tal der Radau oder über die Ettersklippe, dann durch das Eckertal, vorbei am Scharfenstein auf den Brocken gewandert ist. Sein wunderbar beschriebenes Erlebnis mit dem Hirten und dem königlichen Mahl im Kreis der Schafe und Kühe am Fuße des Brockens kann er demnach nur an der Forst- und Molke-Wirtschaft am Scharfenstein eingenommen haben. Ein weiterer literarischer Höhepunkt dieses Themenwanderweges. Noch manches wäre dem hinzuzufügen. Erst über die gesamte Länge des Teufelsstieges von Elend über den Brocken nach Bad Harzburg erhält der Weg als ein Themenwanderweg auf den Spuren von J.-W. v. Goethe und H. Heine seine ganz besondere Bedeutung.

Bad Harzburg 2019 | Horst Woick