Die Harzüberquerungen

Die Harzüberquerungen
Eine Verpflegungsstation bei der zweiten Harzüberquerung 1974 auf der Strecke von Osterode nach Bad Harzburg. Foto: Ahrens-Archiv/Bad Harzburg-Stiftung

Die Harzüberquerungen

Im Jahr 1973 veranstaltete der Männerturnklub Bad Harzburg (MTK), wie in dieser Zeit üblich, eine Volkssportveranstaltung mit einer relativ kurzen Streckenführung um Bad Harzburg. Der Gastwirt Manfred Kaetz der damaligen Gaststätte „Löwenbräu“ wollte in dem Jahr ein weiteres Lokal in Osterode eröffnen und er kam auf eine gute Werbe-Idee: „Wir wandern von Gasthof zu Gasthof – eine Harzüberquerung“.

5. Harzüberquerung von Walkenried nach Bad Harzburg. Harzüberquerung-Erfinder Manfred Kaetz begrüßt im Ziel Dehoga-Vorsitzenden Arno Heinemann, Schützenvogt Kurt Petermann, Verkehrsvereinsvorsitzenden Heinrich Oberhuber und Herbert Mehl als Vorsitzenden des Einzelhandelsverbandes der Kurstadt.    

Die Kurverwaltung Bad Harzburg übernahm als Werbemaßnahme die Organisation und Verantwortung. Wer am Volkswandertag diese Extratour von rund 42 km von Bad Harzburg nach Osterode erwanderte, sollte bei der Ankunft ein Bier und eine Haxe erhalten. Statt der vom Wirt zu erwarteten etwa 30 Teilnehmer kamen über 300 Wanderer.

Darunter „studienhalber“ auch Horst Woick vom MTK-Vorstand. Es kam, wie es kommen musste, in Osterode zu einem großen Chaos. Allein die Bus-Rückfahrt für rund 300 Personen war an einem Sonntag-Nachmittag nicht zu organisieren. So endete die sportliche Veranstaltung für die Kurverwaltung mit einer guten PR – aber auch mit einem Verlust von 6000 DM.

Die begehrten Erinnerungsmedaillen.

Nach langen Beratungen wurde beschlossenen, diese für Bad Harzburg so werbewirksame Veranstaltung auch 1974 zu wiederholen. Sogar einen eventuellen Verlust sollte die Kurverwaltung übernehmen, erhielt allerdings den klaren Auftrag, besser keine weiteren Verluste zu verursachen.

Aber es kam trotz etwa 800 Teilnehmern anders. Der nächste Verlust betrug 8000 DM und diese im weiten Umland so attraktive Wanderung über den Harz wurde von Seiten der Kurbetriebsgesellschaft und der Stadt eingestellt.

Horst Woick als MTK-Teilnehmer, aber auch als Tiefbauingenieur bei der Stadt Bad Harzburg, sah eine andere Möglichkeit, diese Veranstaltung mit einer guten Organisations- und Finanzierungsform ohne weitere Verluste durchzuführen. Zusammen mit dem damaligen 1. Vorsitzenden Horst Mayburg, der leider zu früh verstarb, konnte er den MTK-Vorstand davon überzeugen, die zukünftigen Harzüberquerungen jetzt in eigener Regie zu organisieren.

Die Motive der Teilnahme- und Erinnerungsmedaillen.

Horst Woick wurde hauptverantwortlicher Organisator der Harzüberquerungen und kurz darauf auch der 1. Vorsitzende des Vereins. Der MTK als Veranstalter wickelt nun die Anmelde- und Durchführungs-Formalitäten selbständig ab.

Die Anmeldegebühr wurde der voraussichtlichen Ausgabenseite mit einem Sicherheitsbonus angeglichen. Freikarten für „Prominente“ wurden grundsätzlich nicht mehr ausgegeben. Der Start, die fünf Kontroll- und Stempelstellen auf der Strecke und der Zielbereich werden vom MTK verantwortlich abgewickelt. Die Streckenbeschilderung wird mit mit Unterstützung des städtischen Bauhofes umgesetzt.

Sttistik der „großen“ Harzüberquerung mit bis zu 5200 Teilnehmern.

Die Teilnehmer erhalten an jeder Kontrollstelle den obligatorischen Stempel auf die Teilnehmerkarte, ein kostenloses Mineralwassergetränk, gesponsert von Bad Harzburger oder Okertaler Mineralbrunnenbetrieb. Ferner gibt es im Ziel eine im Startgeld enthaltene Suppe und vor allem die attraktive und wertvolle Erinnerungs-Medaille in Bronze.

Die Helfer-Mannschaft beim Start zur Probewanderung 1988 in Bad Grund.

Der Transport mit rund 40 Bussen zum Start im Südharz wird zwischen 7 und 9 Uhr durch die Kraftverkehrsgesellschaft (KVG) Bad Harzburg gegen Kosterstattung im Startgeld gewährleistet. Die wichtige Funkbrücke zwischen Start und Ziel wird durch die Freiwilligen Feuerwehren der Stadt Bad Harzburg (damals die einzige funktionierende Möglichkeit) aufrecht gehalten.

Im Gegenzug erhalten die Wehren die Genehmigung, bestimmte Getränke und Essen an den Kontrollstellen mit Gewinn zugunsten der Feuerwehr-Kameradschaftskassen zu verkaufen. Für alle eine sehr gute „win-win“-Situation! Das „Rote Kreuz“ im Kreis Goslar gewährleistet die Hilfe- und Gesundheitsversorgung bei der Veranstaltung.

Schon bei der ersten neuen Harzüberquerung im Jahr 1975 bewährt sich das System und mit 941 Teilnehmern und rd. 250 ehrenamtlichen Helfern wird es eine allgemein gelobte und vor allen Dingen auch eine finanziell erfolgreiche Veranstaltung. Diese besondere Wanderung spricht sich im weiten Einzugsbereich von Bad Harzburg schnell herum und „Die HARZÜBERQUERUNG“ des MTK wird nicht nur für den Verein, sondern auch für den Kurort Bad Harzburg ein voller Erfolg.

Paul Jockisch und Horst Woick bei Prüfung eines Streckenabschnittes

Die sehr ansprechenden Erinnerungsmedaillen mit unterschiedlichen Harzer Motiven kamen bei den Teilnehmern sehr gut an und waren begehrt. Die ständig steigenden Teilnehmerzahlen sprechen für sich. Das Krodobad als Zielort wird zu klein und die Galopprennbahn wird das neue Stadion für die Abschlussveranstaltungen, mit Teilnehmern und vielen Zuschauern.

Im Jahr 1982 wird der Rekord mit 5200 Teilnehmern erreicht. Aber nicht nur dieses, sondern auch die Probleme mit den Forstämtern, den Genehmigungsbehörden und dem Naturschutz allgemein nehmen zu, obwohl die Strecken nach Ende der Veranstaltung so sauber waren, wie nie zuvor! Auch ein großer Erfolg der Kontrollkräfte und Streckenwarte. Die weiteren Teilnehmerzahlen wurden auf maximal 4000 Personen eingestellt.

Dann kam eine neue Situation, die völlig überraschende Öffnung der Grenze zur DDR. Ein neues Wandergebiet mit dem Brocken als „Höhepunkt“ konnte nun erschlossen werden. Die Planung für das Jahr 1990 musste kurzfristig angepasst und schnellstmöglich erneuert werden. Der Brocken war die neue spektakuläre Zwischenstation.

Aber wer war in der damaligen Noch-DDR überhaupt zuständig? Horst Woick, inzwischen auch Kurdirektor von Bad Harzburg, hatte guten Kontakt zum neuen Kreisdirektor Dr. Michael Ermrich in Wernigerode (später Präsident des Gesamt-Harzklubs), und der befürwortete die neue Route über den Brocken.

Das sah die noch im Amt befindliche DDR-Regierung allerdings ganz anders. Am Tag der Veranstaltung kam aus Berlin das Verbot der Brockenbesteigung. Na ja, das hat sich dann von allein überholt. Die Harzüberquerung über den Brocken war auch Dank der beteiligten NVA (Nationale Volksarmee) ein voller Erfolg und die DDR-Regierung in Berlin war schnell Geschichte!

Aber die neue Landesregierung in Magdeburg war weiter dagegen und im Land Niedersachsen wurden die Widerstände und damit auch der Verwaltungsaufwand des MTK immer größer. Es war alles nicht mehr zeitgemäß.

Horst Woick hatte in seiner Funktion als Kurdirektor nach der Wende sehr viele neue Aufgaben und schied deshalb aus der weiteren Organisation von Harzüberquerungen aus. Der neue 1. Vorsitzende des MTK, Manfred Mattheis  versuchte mit „Kalle“ Krückert noch eine weitere Harzüberquerung, aber die Einsicht siegte, dass die Mühen der Vorbereitung und der Genehmigungen zu viel des Guten sind. So verzichtete der MTK auf die Weiterführung der beliebten Harzüberquerungen.

Im Jahr 1982 reichte selbst die Galopprennbahn kaum noch aus, um die Harzüberquerer nach der Tour aufzunehmen. Rund 5200 Teilnehmer wurden seinerzeit gezählt.

Horst Woick ging in den Ruhestand, wurde aber ehrenamtlicher Wanderführer der neuen „Kurverwaltung“ (Kur-, Tourismus- und Wirtschaftsbetriebe der Stadt Bad Harzburg – KTW) und Waldführer im Nationalpark HARZ.   Was lag nun also näher als die Harzüberquerungen mit einer neuen Organisation als Kurgastwanderung wieder aufleben zu lassen.

Jeweils mit einem Bus voller Wanderer und mit allen Forstverwaltungen streckenmäßig abgestimmt, wurde der gesamte Harz fächerförmig von den Südharzorten mit Harzüberquerungen überdeckt und nach Bad Harzburg erwandert. Nach vielen weiteren Harzüberquerungen musste Horst Woick seinem fortgeschrittenen Alter Tribut zollen und fand einen Nachfolger, damit die beliebten Harzüberquerungen auch zukünftig weitergeführt werden können.

Abschließend kann festgestellt werden, dass die vielen Harzüberquerungen durch den MTK finanziell immer mit einer sehr schwarzen Null endeten und für unseren MTK sportlich wie organisatorisch ein voller Erfolg waren. An dieser Stelle ist allen, die daran ehrenamtlich und egal in welcher Funktion beteiligt waren, sehr, sehr herzlich zu danken.

Es war eine eingeschworene Gemeinschaft, in der alle Beteiligten jeweils auf ihren mit Leidenschaft besetzten Posten das Bestmögliche getan haben. Es waren häufig schwer zu meisternde Situationen, aber am Schluss hat immer alles bestens geklappt.   Unvergessen sind die vielen Probewanderungen, die vor der Veranstaltung für die „Kontroller“ und Behördenvertreter zusätzlich veranstaltet wurden.

Teilnehmer-Statistik der geführten Harzüberquerungen von 1996 an.

Ob man heute noch so eine Großveranstaltung über so eine lange Strecke durchführen könnte, ist zweifelhaft. Es war damals ein Gemeinschaftswerk, wie es besser nicht hätte funktionieren können. Zur Ertüchtigung der Sportlichen und für Naturfreunde die den Harz in seiner Vielfalt kennlernen wollten.

Zur Förderung der Kameradschaft unter den Helfern und Organisatoren. Es war eine große Freude und Ehre für die Mitglieder des MTK, etwas Besonderes für die Allgemeinheit geschafft zu haben und letztlich damit für den gesamten Harz mit seinen verschiedenen touristischen Orten vom Start bis zum Ziel und vor allem den Gästen und Bewohnern gesamten Stadt Bad Harzburg!   

Horst Woick   2018


Für alle, die vielleicht mit dem Gedanken spielen, eine der historischen Harzüberquerung-Strecken zu erwandern, kramen wir in den Archiven der Bad Harzburg-Stiftung nach den Original-Unterlagen. Die Sammlung wird nach jedem Fund ergänzt. Ein Klick auf ein Bild öffnet die Galerie.

Der Teufelsstieg

Der Teufelsstieg

Der Teufelsstieg über den Brocken

Goethe führte aus unterschiedlichen Gründen drei Reisen (1777, 1783, 1784,) quer über den Harz durch. Eine weitere Reise berührte 1805 den Harz lediglich bei Thale und Gernrode am nördlichen Harzrand. Der höchste Berg dieses damals noch recht unwegsamen Gebirges war der Brocken – von allen Seiten gut zu sehen, aber kaum zu besteigen. Neben dem technischen Fortschritt des Bergbaus und den offenen Fragen der Geologie hatte Goethe auch immer die Fortschreibung seines Lebenswerkes, des „Faust“, in seinen Gedanken dabei. So würdigte er den Harz mit dem Kapitel der „Walpurgisnacht im Harzgebirge – Gegend von Schierke und Elend“. Im heutigen Harz-Tourismus,  aber auch weltweit, immer noch ein sehr bekanntes Thema!

Nach der Wende 1989 rückte das bis dahin gesperrte Brockengebiet wieder in den Mittelpunkt eines beliebten Wandergebietes im neuen Nationalpark Harz.  Um 2000 wurde daher vom Harzer Tourismusverband ein Arbeitskreis zur Bildung eines besonderen Themen-Wanderweges, dem „Hexenstieg“ gebildet.

Im Jahr 2010 wurde dieser Teil des Teufelsstieges als zertifizierter Themenwanderweg in das Wanderprogramm von Bad Harzburg übernommen.

Als ehemaliger Kurdirektor von Bad Harzburg und bekannter Organisator der vielen Harzüberquerungen wurde Horst Woick in den Ausschuss berufen. Nach einigen Sitzungen wurde dann der geplante Streckenverlauf von Ost nach West (oder umgekehrt), von Thale über den Brocken nach Osterode, beschlossen.

Da Bad Harzburg nicht berücksichtigt wurde, schied Woick auf eigenen Wunsch aus diesem Gremium aus. Schon auf der Rückfahrt von Goslar nach Bad Harzburg reifte in ihm beim Anblick des Brockens gleich, frei nach Goethe, der Gedanke: „Wo Hexen sind, da sind auch die Teufel“! Ein Wanderweg von Nordhausen/Ilfeld bis zum Brocken, von Süd nach Nord, auf Goethes Spuren seiner ersten Harzreise und weiter nach Bad Harzburg wäre die ideale Ergänzung. Dieser Teufelsstieg würde dann auf dem Brocken direkt auf den Hexenstieg treffen. Dort wo Teufel und Hexen laut Goethe in der Walpurgisnacht schon seit Jahrhunderten eine orgastische Feier veranstalten und zusammen buhlen.

Goethe war 1777 nachweislich in Ilfeld, übernachtete dort und wanderte dann damals über Sophienhof und Trautenstein quer über den Harz nach Wernigerode. Weiter ging es nach Goslar, wo er dabei den Bereich vom heutigen Bad Harzburg berührt haben muss. Seinen ersten Brockenaufstieg führte er dann am 10. Dezember bei tiefem Schnee vom Torfhaus aus durch. Sicher auch in Gedanken an die jährliche Walpurgisnacht, wo Teufel und Hexen dort buhlen.

Die Planung und Finanzierung des Hexenstieges war von Seiten des Harzer Tourismusverbandes gesichert und deshalb fand ein weiterer Themenwanderweg wie der Teufelsstieg von dieser Seite keine Unterstützung. Die gemeinsame historische Grundlage und die weltliterarische Bedeutung dieser beiden Themenwanderwege wurden damit verkannt.

Es folgten weitere Diskussionen, z. B. am Brockenstammtisch, auch ohne Erfolg. Damit entfiel die Überlegung, einen Teufelsstieg von Süd nach Nord entsprechend der Länge des Hexenstieges zu entwickeln. Auch eine Unterstützung der betroffenen Orte für diese Planung war nicht zu erkennen.

Die Kur-, Tourismus- und Wirtschaftsbetriebe der Stadt Bad Harzburg nahm aber das werbewirksame und touristisch sehr stichhaltige Thema auf und gemeinsam mit dem Gesamt-Harzklub und dem Nationalpark Harz wurde 2005 quasi der erste Teil dieses Themenwanderweges zwischen Bad Harzburg und der Brockenkuppe unter großer Teilnahme vieler Wanderer eingeweiht. Der neue Wegweiser mit dem Teufel-Symbol, mit der Forke nach unten gerichtet, zeichnet den Wanderweg auf dieser Strecke aus.

Aber was ist dieser kurze Themenwanderweg ohne die von Johann Wolfgang v. Goethe in seinem Lebenswerk „Faust 1. Teil“ beschriebene Walpurgisnacht auf dem Brocken? Da fehlt die imaginäre Brockenbesteigung von Dr. Faust in Begleitung von Mephisto (als Teufel in Menschenform) zur Walpurgisfeier als besonderer Höhepunkt.

Dieser Teil des teuflischen Brockenaufstieges, wie Goethe es beschreibt: „WALPURGISNACHT – Harzgebirg. Gegend von Schierke und Elend“, beginnt an der „Talwächter-Fichte“ im Elendstal mit der Kalten Bode. Ferner ist die Besteigung der Schnarcherklippen und der weitere Aufstieg durch das urwüchsige Eckerloch zum Brocken literarisch sehr gut nachzuvollziehen. Es lohnt sich, den „Faust“ dabei zu haben und die besagten Stellen nachzulesen.

Das dieser Teufelsstieg nur von Bad Harzburg auf den Brocken führt, ließ Horst Woick nicht ruhen und er fand in Benno Schmidt, besser bekannt als „Brocken-Benno“, einen sehr rührigen Mitstreiter. Dieser hatte die besten Verbindungen auf der östlichen Seite des Brockens und so konnte dieser Teil des Teufelsstieges mit starker Unterstützung des Nationalpark Harz, des Gesamt-Harzklubs und insbesondere vom Harzklub-Zweigverein Wernigerode ausgeschildert werden.

Auch hier ist der Wegweiser mit dem Teufel-Symbol, allerdings mit der Forke nach oben. Dazu aber auf der Strecke jetzt für diesen außergewöhnlichen Themenwanderweg besonders gute Darstellungen der Ausführungen aus dem „FAUST“ von Goethe. Der Weg erhält hierdurch eine ganz besondere Note als Themen-Wanderweg.

Nun richtete die Stadt Bad Harzburg gemeinsam mit dem Gesamt-Harzklub den Deutschen Wandertag 2014 im Harz aus. Im Rahmen dieser Veranstaltung erfolgt eine Testwanderung mit Vertretern das Harzklubs und besonderen Wanderern, mit dem Ziel, den Weg sach- und fachgerecht in das gesamte Themenwanderwege-Netz des Harzes und vor allem des Brockens einzubinden.

Die Test-Wandergruppe unter Führung von Horst Woick und „Brocken-Benno“ überqueren die „Kalte Bode“ bei Elend. Zwischendurch erfolgten mündlich vorgetragene Zitate aus Goethes „Faust“ über den Brockenaufstieg in der Walpurgisnacht.

Hier kommt der Teufelsstieg als literarisch begründeter Themenweg gerade recht und diente dem Redakteur Werner Beckmann von der „Goslarer Zeitung“ als ein ganz besonderer Höhepunkt. Es folgt der Gedenktag der deutschen Einheit und der Tag des Mauerfalls wird damit am 3. Oktober 2014 auf dem durch die Wiedervereinigung wieder freien Brocken gebührend gefeiert. Es erfolgt die offizielle Einweihung des Teufelsstieges in Gegenwart der beiden Wegbereiter Horst Woick und Benno Schmidt (Brocken-Benno), sowie von Ehrengästen und mehr als 1200 Wanderern.

Nun denkt man, damit ist alles in bester Ordnung. Aber nein, da ist doch noch das Teufel-Symbol, Forke nach unten – Forke nach oben. Was ist richtig? Was ist symbolträchtiger? Das eine ist nicht so teuflisch wie das andere?

Durchtrennung des Strecken-Bandes und Darstellung der neuen Tafel „Teufelsstieg“ mit der symbolischen Teufels-Forke nach oben für den Treffpunkt mit dem Hexenstieg auf dem BROCKEN. Bildmitte: „Brocken-Benno“ und Horst Woick.

Wer hatte außer Horst Woick und später auch Benno Schmidt je einen Gedanken an Möglichkeit für diesen einmaligen Themenwanderweg gehabt? Aber jetzt, wo es um ein ganz besonderes Detail geht, haben einige doch seltsame, sexistische Gedanken. Deshalb hat Bad Harzburg heute noch den zertifizierten Teufelsstieg nur bis zum Brocken (Forke nach unten, Teufel schlapp und abgekämpft) und der Gesamtharz (Forke nach oben, Teufel frisch und stark im Aufstieg zum Brocken) zum Treffpunkt mit den Hexen. Was mögen die dort wartenden Hexen lieber? So haben jetzt alle namentlich den gleichen Themenweg, frei nach Goethe, Dr. Faust und Mephisto, aber nur im Ostharz auch den wirklichen, thematisch begründeten Teil des Teufelsstieges. Die Wanderer werden diese Thematik sicher nicht verstehen. Selbst Goethe würde sich wohl über die Teufels-Forken Diskussion zu dieser walpurgischen Auseinandersetzung köstlich amüsieren.

Es ist aber sehr lobenswert, dass zwischenzeitlich der Harzer Tourismusverband eine sehr gute Internet-Darstellung des Teufelsstiegs veröffentlicht. Die allgemeine Wanderliteratur hat jetzt den Teufelsstieg im zunehmenden Maße als ganze und historische Strecke übernommen, beschrieben und oft sehr gut darstellt.

Mephisto und Dr. Faust bei ihrem Brocken-Aufstieg im Eckerloch.

Als Beispiel einer guten Beschreibung des Teufelsstieges und auch der Teufelsmauer ist im Buch „WANDERZEIT“ des JHM Verlag GmbH Braunschweig, zusätzlich mit weiteren Wanderwegen und Ausrüstungsempfehlungen, nachzulesen. Bei der Zertifizierung dieser beiden Themenwanderwege – Hexenstieg und Teufelsstieg – hätte man mehr Kenntnis und Darstellung von der weltbekannten deutschen Literatur zu diesen Themen erwarten können.

Ich glaube, dass es jetzt langsam Zeit wird, beide Teufel-Symbole zu vereinheitlichen und damit auch die gesamten hexistischen und teuflischen Strecken gemeinsam im Sinne von Goethe mit Dr. Faust und Mephisto zu vermarkten. Hinzu kommen noch weitere Aspekte, die bisher noch nicht berücksichtigt wurden.

Wo verläuft der exakte Brockenaufstieg von Heinrich Heine entsprechend seiner Darstellung in seinem bekannten Werk „Die Harzreise“? Nach seinen eigenen Angaben beginnt er den Aufstieg „unweit der Harzburg“! Das würde bedeuten, dass Heine durch das Tal der Radau oder über die Ettersklippe, dann durch das Eckertal, vorbei am Scharfenstein auf den Brocken gewandert ist. Sein wunderbar beschriebenes Erlebnis mit dem Hirten und dem königlichen Mahl im Kreis der Schafe und Kühe am Fuße des Brockens kann er demnach nur an der Forst- und Molke-Wirtschaft am Scharfenstein eingenommen haben. Ein weiterer literarischer Höhepunkt dieses Themenwanderweges. Noch manches wäre dem hinzuzufügen. Erst über die gesamte Länge des Teufelsstieges von Elend über den Brocken nach Bad Harzburg erhält der Weg als ein Themenwanderweg auf den Spuren von J.-W. v. Goethe und H. Heine seine ganz besondere Bedeutung.

Bad Harzburg 2019 | Horst Woick